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Spannende Solitärin

■ Hannelore Elsner als neue „Tatort“-Kommissarin wider Willen: „Gefährliche Übertragung“ (Mo., 20.15 Uhr, ARD)

Die Trailer laufen schon. Gepriesen wird Hannelore Elsner, die Ostermontag die „Kommissarin“ gibt. In dieser Rolle ist die Schauspielerin keine Unbekannte. Für das Vorabendprogramm spielte sie 26mal die stöckelnde Lea Sommer in Frankfurt. Nun wurde sie nach Hamburg versetzt, wo sie der NDR, auf dessen Initiative hin die „Kommissarin“ – vorerst in zwei abgedrehten Folgen – nun jeweils anderthalb Stunden ermittelt, flugs zur „Tatort“-Heldin machte.

Gewöhnlich ärgert es keinen Schauspieler, in die „Tatort“- Kommissargemeinde aufgenommen zu werden. Götz George, Hans-Jörg Felmy, Ulrike Folkerts, Karin Anselm oder Klaus Schwarzkopf begründeten oder festigten in dieser Rolle ihren Ruhm.

Nicht so Hannelore Elsner. Angeblich will die Aktrice erst durch eine NDR-Presseankündigung erfahren haben, daß sie künftig zur quotenträchtigen Krimiriege zählen würde. „Ich habe damit nichts zu tun“, wehrt sie sich nun, „die ,Kommissarin‘ hat sich in der Medienlandschaft etabliert.“ Sogar den „Telestar“ hat sie für die Vorabendserie bekommen. Und: „Ich habe allen gesagt, es darf nicht passieren, daß ich zur ,Tatort‘-Kommissarin werde.“ Hat sie etwa ihr Stimme allzu leise erhoben? Wohl kaum, die Elsner, weiß man in ihrer Branche, weiß sich stets vorzüglich durchzuboxen.

Oder ist der NDR frauenfeindlich? Der Film selbst gibt keine Hinweise zur Beantwortung dieser Fragen. Auch nicht, weshalb Hannelore Elsner als Kommissarin nicht zum „Tatort“ eilen sollte: Er erzählt die Geschichte des angeblichen Selbstmordes einer serbokroatischen jungen Frau, die in die Fänge eines manischen Psychotherapeuten geriet.

Die Elsner spielt inspiriert, klar, fast ohne manfredkrugmäßige Singmätzchen, und nimmt sich am Ende durchaus als Zierde dieser seit 1969 laufenden Krimireihe aus. Hin und wieder wird die typische Neigung deutscher Regisseure, ihre Protagonisten durch Macken individuell aufzupeppen, sichtbar. Aber ist das wirklich wichtig? Ist die Schauspielerin womöglich kapriziös? Will die Elsner wie ihre Kolleginnen Bella Block (Hannelore Hoger) und Rosa Roth (Iris Berben) auch als Solitärin aufgezählt werden? Vielleicht. Die Beleidigte sagt dazu nichts.

Oder ist der ganze Ärger dann doch nur ein PR-Coup, um sich gegen die ostermontägliche Programmkonkurrenz durchzusetzen? Man weiß es nicht, der NDR schweigt dazu. Die Folge „Gefährliche Übertragung“ (Regie: Petra Haffter, Drehbuch: Eva Maria Miezke) ist gut und – anders als die „Tatort“-Beiträge des NDR mit Liebling Kreuzberg – auch spannend gemacht.

Man bekommt Appetit auf mehr, zumal die erste Folge auch die Themen Magersucht und Freßlust abhandelt. Die zweite Folge gibt es schon am 4. Mai. Und der NDR hat mitteilen lassen, daß er auch dieses Elsner-Spezial mit dem „Tatort“-Vorspann wird beginnen lassen. Jan Feddersen

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