: Einfacher Datenklau
■ Computersaboteur zu einjähriger Haftstrafe auf Bewährung verurteilt
„Gelegenheit macht versuchte Erpressung“, resümierte der Hamburger Amtsrichter Gero Nix einen Fall von Computerkriminalität, über den er gestern zu richten hatte. Ein 26jähriger Student hatte sich Zugang zu den Rechnern einer US-amerikanischen Firma verschafft und ungesicherte Daten gelöscht. Anschließend hatte er von dem Unternehmen ganz dreist 30.000 Dollar für ein „Sicherheitsprogramm“gefordert, das solchen Datenklau in Zukunft verhindern könnte.
Im Juni 1996 hatte Andy H., den sein Anwalt als „computerverrückt“beschreibt, über Internet einen heißen Tip bekommen. Ein Computerfreak teilte ihm das Pass-word mit, das den Zugang zu sämtlichen Datenbanken des US-Provider-Unternehmens "Icanect“erlaubt. Der 26jährige machte die Probe aufs Exempel und erhielt – zu seiner Überraschung – ohne Probleme Zutritt zu den vier Workstations der in Miami ansässigen Firma. „Es gab dort keinerlei Datensicherung“, gab Andy H. gestern vor Gericht zu Protokoll.
Weil er sich über den fahrlässigen Umgang mit den gespeicherten Informationen „geärgert“habe, löschte der ungebetene Netz-Besucher kurzerhand 11.000 Kundendaten aus den Workstations. Anschließend trat er – anonym – per e-mail an den Unternehmenschef mit zwei Forderungen heran. Die Firma sollte ihre Kunden wahrheitsgemäß über den Datenklau unterrichten und ihm zudem ein mit 30.000 US-Dollar gefülltes Paket nach Hamburg schicken. Als „Gegenleistung“bot der Systemanalytik-Student der Computerfirma an, ihr ein Sicherungssystem zu installieren, daß den unbefugten Zutritt zu den firmeneigenen Datenbanken unmöglich mache.
Die Icanect-Manager gingen zum Schein auf das Angebot ein und schickten ein Paket nach Hamburg. Als ein von Andy H. beauftragter Bote sich das Paket aushändigen lassen wollte, griffen die Ermittler zu. Kurz darauf wurde auch Andy H. festgenommen. Der Student legte postwendend ein umfangreiches Geständnis ab.
Da der Systemanalytiker bislang unbescholten ist und vor Gericht Reue zeigte, begnügte sich Amtsrichter Nix mit einem vergleichsweise milden Urteil. Wegen Computersabotage und versuchter Erpressung verurteilte er den Studenten zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe, zu zwei Jahren auf Bewährung ausgesetzt, und einer Geldstrafe von 2.500 Mark. Andy H. nahm das Urteil sofort an. Marco Carini
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