piwik no script img

Eingesperrt auf der Insel

■ Kilometerweit vor der Stadt eröffnet nächste Woche Hamburgs neuer Frauenknast. Trotz der abgeschotteten Lage bringt er Verbesserungen für weibliche Gefangene

So zynisch es auch anmutet: Für gefangene Frauen in Hamburg wird das neue Gefängnis, das kommenden Montag auf der Elbinsel Hahnöfersand eröffnet wird, eine Erleichterung sein. Denn zur Zeit sind über 40 Frauen als Strafgefangene in der Untersuchungsanstalt Holstenglacis untergebracht – zu den dort verschärften Haftbedingungen.

Während die Männer zum Beispiel im Knast für Langzeitgefangene „Santa Fu“zusätzlich zum täglichen Hofgang mehrere Stunden „Aufschluß“haben, sich also immerhin auf den Gängen vor der Zelle bewegen und treffen können, ist den Frauen am Holstenglacis selbst das verwehrt. „Die Gänge sind zu schmal, und es gibt keine Aufenthaltsräume“, begründet dies die Sprecherin der Justizbehörde, Sabine Westphalen.

So dürfen die Frauen nur eine Stunde am Tag ihre Zellen verlassen, wenn sie Hofgang haben. In Hahnöfersand, dem ersten reinen Frauenknast Hamburgs, werden sie zwischen 6.15 und 21 Uhr Aufschluß haben.

Obwohl die Pforten noch geschlossen sind, steht eines bereits fest: Der neue Frauenknast ist zu klein. Für nur 46 straffällige Frauen bietet der Neubau auf der zum Landkreis Stade gehörenden Elbinsel Hahnöfersand Platz. Zur Zeit gibt es über Hamburgs Knäste verteilt 112 weibliche Gefangene. Allein in der Strafhaft im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis sitzen 41 Frauen ein. Hinzu kommen 21 Plätze in der Justizvollzugsanstalt Vierlande, die Ende des Jahres geräumt werden soll, 12 in der sozialtherapeutischen Anstalt Neuengamme und 11 in der Übergangseinrichtung Moritz-Liepmann-Haus in Altona.

Während diese Gefängnisse entweder den offenen oder den geschlossenen Vollzug praktizieren, hält die Frauenanstalt auf Hahnöfersand Plätze für beide Formen bereit. Die Grenzen sollen fließend sein: „Das Leben im Haus wird ein gemeinsames sein“, erläutert Hilde van den Boogaart, die Leiterin der neuen Einrichtung. „Alle Freizeit-, Qualifizierungs- und Beratungseinrichtungen können von allen Frauen genutzt werden.“

Das Konzept für das eingesperrte Leben auf der Elbinsel sieht vor, die „spezifischen Bedürfnisse von weiblichen Gefangenen umfassend zu berücksichtigen“, antwortete der Senat auf eine Anfrage. Es wurde allerdings keine einzige zusätzliche Stelle für das Frauengefängnis geschaffen. Die insgesamt 26 Bediensteten werden ausschließlich aus anderen Anstalten rekrutiert. Obwohl gerade der „Freizeitbereich“speziell auf Frauen ausgerichtet werden soll, gibt es keine Stelle für Freizeitgestaltung. Die soll, so der Senat, „vom Personal“organisiert werden.

Außerdem gibt es auch mit dem neuen Frauenknast in Hamburg kein Gefängnis, in dem Kleinkinder zusammen mit ihren Müttern aufgenommen werden. Nur ausnahmsweise und vorübergehend soll das möglich sein, wenn keine andere, „dem Kindeswohl zuträgliche“Unterbringung zu finden ist. Bei Bedarf werden gefangene Frauen mit ihrem Kind weiterhin in der Mutter-Kind-Abteilung der JVA Lübeck untergebracht. ee

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen