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Verfassungsrichter geben Kinderasyl eine Chance

■ Fluchtalternativen für minderjährige Kurden müssen genau geprüft werden

Karlsruhe (taz) – Alleinlebende kurdische Jugendliche können nicht ohne weiteres in die Türkei zurückgeschickt werden. Dies entschied eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts. Bei Minderjährigen müsse besonders genau geprüft werden, ob diese wirklich eine „inländische Fluchtalternative“ in der Westtürkei haben.

Anlaß für die Entscheidung war die Verfassungsbeschwerde des heute 16jährigen Kurden A., der ohne Familienangehörige in Hamburg lebt. Sein Asylantrag war vom Hamburger Verwaltungsgericht als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt worden. Vor der Kurdenverfolgung in der Osttürkei hätte er auch in die Westtürkei fliehen können. Wovon jedoch ein Jugendlicher in einer fremden Stadt leben soll, darüber schwieg sich das Gericht aus. Es stellte zwar nicht in Abrede, daß in Istanbul bereits jetzt 15.000 kurdische Kinder auf der Straße leben. Aber, so die zynische Logik der Verwaltungsrichter, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die Situation in den ländlichen Gebieten der Westtürkei besser sei.

Mit derartigen „Spekulationen“ könne jedoch ein Asylantrag nicht abgelehnt werden, entschied nun das Bundesverfassungsgericht. Dem jungen Kurden könne nicht der Beweis auferlegt werden, daß er keinerlei inländische Fluchtalternative habe. Schließlich wisse er nicht einmal, wo sich seine aus dem Heimatdorf vertriebene Familie derzeit befinde, so die Verfassungsrichter. Das Verwaltungsgericht hätte zumindest weitere Erkundigungen oder Gutachten einholen müssen. (Az.: 2 BvR 1024/95) Christian Rath

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