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Gelehrige Laubfrösche

Gestern im Stadtpark: Die Fahrradstaffel der Hamburger Polizei macht sich fit für die Tücken der Großstadt – mit meisterlicher Hilfe  ■ Von Jan Freitag

Weiße Helme, hautenger grüner Ganzkörperdreß, leicht verschwitzt und sehr sportlich. So tummeln sich seit Mai 1996 neun PolizistInnen auf Hamburgs Straßen. Von ihren KollegInnen unterscheidet sie aber mehr ihr Fortbewegungsmittel als das Outfit: Sie bilden die erste Fahrradstaffel der Polizei, und jetzt haben sie Saison.

Seit Anfang der Woche befinden sich die grünen RadlerInnen in einer Art Trainigslager. Unter der Leitung von Matthias Faber soll mit „Balanceübungen, Überwinden urbaner Hindernisse und vor allem richtigem Bremsen“den Tücken der Großstadt begegnet werden, erläutert der mehrfache Hamburger BMX-Meister das Programm und hat ein dickes Lob für seine SchülerInnen parat: „Alle sind sehr gelehrig und bringen vom Können her alles mit.“

Können, das als Qualifikation eigentlich gar nicht nötig war. „Teilnahmebedingung war die Lust aufs Fahrradfahren; alle Beamten sind freiwillig in der Staffel“, beteuert Niels Amelsberg, Leiter des mobilen Fahrradkommandos. Und was die Fitneß betrifft, macht sich Peter Romhardt, Chef der Verkehrsstaffel Mitte, keine Sorgen: „Vor Übersäuerung vom Rad fallen wird hier keiner.“

Der praktische Teil des meisterlichen Trainings fand gestern im Stadtpark seinen Abschluß. Auf einem mit „allen Schikanen der Straße“versehenen Parcours, so Trainer Faber, ging es unter Anfeuerungsrufen von Schulkindern über Kreidelinien, Treppen und eigens angelegte Sprungschanzen und Wippen. Ab heute droht den rasenden Laubfröschen die Theorie. Mit dem Froschvergleich kann Susanne Lengin, eine von zwei Frauen im Team, leben. „Grün hat doch was Frisches, und die normalen Streifenbeamten nennt man doch Schnittlauch, oder?“

Bis Oktober treten sie in die Pedale, um radelnde Verkehrssünder zu stellen oder „bei Verbrechen auch mal die Verfolgung aufzunehmen,“erklärt Amelsberg. Die anschließende Winterpause dokumentiert die Wirtschaftlichkeit der Staffel. „Anders als Motorräder und Pferde erfordern Fahrräder nur dann Arbeits- und Kostenaufwand, wenn sie im Einsatz sind“, rechnet Pressesprecher Reinhard Fallak vor. Einsparungen, die einen qualitativen Sprung in der Ausstattung rechtfertigen: Für 2000 Mark pro Stück wurden neue Räder angeschafft. „Mountainbikes mit Großstadttauglichkeit,“freut sich Gruppenleiter Kai Funke.

Vielleicht wird die froschgrüne Frische bald häufiger zu sehen sein. „Wenn das Fahrradaufkommen in der Bevölkerung weiter steigt“, erklärt Fallak, „brauchen wir bald eine zweite Staffel.“Und noch ein Trend ist Teil der Langzeitplanung: „In zwei, drei Jahren könnte ich mir auch Polizisten auf Inline-Skates vorstellen.“

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