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Indizien im Krefelder Brandanschlag erhärtet

■ Zeugen und Video belasten verdächtigen türkischen Ehemann. Bald Anklage?

Krefeld (taz) — Der Brandanschlag auf eine türkische Familie in Krefeld könnte bereits im August zu einer Anklageschrift führen. Die Ermittlungsbehörden sind weiterhin optimistisch, daß ihre Indizienkette hält. Hauptverdächtiger ist nach wie vor der türkische Familienvater Aziz Demir, der am Ostermontagnacht den Brand in seiner eigenen Wohnung gelegt haben soll, bei dem seine Frau und zwei seiner Kinder ums Leben kamen. Alle richterlichen Zeugenvernehmungen der vergangenen zwei Wochen hätten „die entsprechenden Erkenntnisse bestätigt“, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gegenüber der taz.

Demir war zunächst unverdächtig geblieben, weil ihm ein besoffener Wirt (siehe taz vom 11. 4.) versehentlich ein falsches Alibi gegeben hatte. Weil zur gleichen Zeit tagelang ein ausländerfeindlicher Brandanschlag vermutet wurde, war es zu bösen Verwerfungen zwischen Ankara und Bonn gekommen. Nicht nur in der türkischen Presse war behauptet worden, der Anschlag sei die Tat von Rechtsextremisten. Auch die türkische Innenministerin hatte die Bundesregierung bezichtigt, für das ausländerfeindliche Klima mitverantwortlich zu sein. Weil die Deutschen die Türken nicht mehr aus dem Lande werfen könnten, würden sie sie nun verbrennen, zitierten türkische Medien die Ministerin. Der mutmaßliche Täter Aziz Demir (42), der weiterhin zu allen Vorwürfen schweigt, wird derzeit psychiatrisch untersucht. Seine schwerverletzte Tochter hat ihren Vater mittlerweile auf Videoprints, die ihn in der Tatnacht beim Kauf des vermutlichen Tat- Benzins in einer nahe der Wohnung gelegenen Tankstelle zeigen, „zweifelsfrei wiedererkannt“ (Polizei). Im übrigen bestätigte die Staatsanwaltschaft die Vermutung, daß „Zeugen aus dem nahen Familienumfeld“ die entscheidenden Hinweise auf die chaotischen Zustände in der Familie Demir gegeben hätten, vor allem darauf, daß Frau Demir ihren Mann gleich nach Ostern verlassen wollte.

Eine „scharfe Selbstladepistole der Marke Browning“, die zwischenzeitlich an Demirs Arbeitsplatz gefunden wurde, brachte keine neuen Erkenntnisse, so die Staatsanwaltschaft. Die Polizei spricht allerdings von „Straftaten im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel“, in die der nicht vorbestrafte Demir verwickelt sein könnte. In den nächsten Tagen soll das Brandgutachten vorliegen. Im August soll dem Gericht bereits die Anklageschrift vorgelegt werden. Der Prozeß könnte somit noch in diesem Jahr beginnen. Bernd Müllender

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