Persil-Uhr als Denkmal

■ Henkel will der Stadt Oldenburg eine Uhr schenken. Die anfängliche Freude ist verblaßt: Die Ratsmitglieder wissen nicht, wo die Persil-Werbung stehen soll

Im Juni kehrt die „Persil-Uhr“zurück nach Oldenburg – auf den Julius-Mosen-Platz, wo sie schon in den 20er Jahren stand. Seinerzeit sollte die die weißgekleidete Dame mit Hut, die sich neckisch unter Ziffernblatt und Zeiger postiert hatte, die Menschen zum Waschen mit Persil verführen. Nicht das Original, aber immerhin einen „nostalgischen Nachbau“will die Henkel Waschmittel GmbH anläßlich des 90jährigen Jubiläums ihrer Marke der Stadt Oldenburg spendieren. Neun historische Uhren im Wert von 50.000 Mark werden zum Geburtstag in der ganzen Republik verschenkt.

Insgesamt 104 deutsche Städte von Aachen bis Weimar wurden von der Henkel-Marketing-Abteilung Anfang des Jahres aufgefordert sich doch um das Jubiläums präsent zu bewerben. Die Oldenburger zögerten nicht lange. Bereits vor zwei Jahren entwickelten der Geschäftsführer der „Oldenburg Werbung“, Klaus Enke und Carl Martens, den Plan, die Uhr auf den Julius-Mosen-Platz zu holen.

Wohin mit der Uhr

Als das Geschenk von Henkel offiziell im Verwaltungsausschuß vorgestellt wurde, bedankten sich die Ratsmitglieder brav. Doch die Freude verblaßte schnell. Die Frage nach dem Wohin mit der Uhr, gestaltete sich schwierig. Dort, wo einst die Stunde aus der Waschmittel-Box schlug, steht heute die Stinbüste des 1887 verstorbenen Dichters Julius Mosen. Zu groß die Skrupel, das einstige Kind der Stadt für einen 5,50 Meter hohen grün-weißen Chronometer zu opfern. Vorschlag der Verwaltung: Die Uhr kommt in die Grünanlagen des innenstadtumschließenden Wallringes. Doch Helmut Hoppe, SPD-Ratsmitglied, war enttäuscht: Solch' ein Geschenk darf nicht am Wall versenkt werden, das gehört mitten auf den Platz.“Schnell war ein Kompromiß innerhalb der SPD-Ratsfraktion gefunden: Der Platz ist groß genug und eine angrenzende Bushaltestelle wäre der geeingnete Ausweichstandort, das meinten jedenfalls die Sozialdemokraten. Und schließlich könne Julius Mosen, als steingewordenen Erinnerung einen verstohlenen Blick auf die Uhr werfen.

Schleichwerbung

Michael Thielmeyer (Grüne) war entsetzt: Zwar ist die private Initiative einiger Bürger sehr ehrenhaft, aber die Politik muß diesen modernen Monolithen auch ablehnen dürfen. Das ist reiner Kitsch. Es ist halt ein Unrterschied, ob wir in unsere Vorgärten Gartenzwerge stellen oder was wir als Ratsmitglieder mit unserer Stadt anstellen.

PDS-Ratmitglied Hans-Henning Adler wurde deutlicher: „Schleichwerbung“, kommentierte er die angebliche Wohltat von Henkel. „Normalerweise müßte für Werbung bezahlt werden, doch hier gibt sich die Stadt ohne Gegenleistung für solche Zwecke der Industrie her.“

„Es gibt Wichtigeres“

Auch die Oldenburger CDU will die Uhr nicht haben. „Wir haben im Rat wichtigere Fragen zu lösen, als uns um Werbemaßnahmen eines großen Konzerns zu kümmern“, ärgert sich Oliver Dierks. Auch die Sozialdemokraten waren zwischenzeitlich hellhörig geworden. Daß die Uhr mit ihren 5,50 Metern die Dächer der umliegenden Häuser erreichen würde, war ihnen entgangen. „So hoch. Können wir den Standort nach einer Probezeit noch verändern?“wollte Heike Bockmann, Ratsfrau und designierte SPD-Landtagskandidatin, wissen. Die Antwort war kurz, knapp und deutlich: „Nein, das geht nun wirklich nicht“, entgegenete Stadtbaurat Hans-Martin Schutte sichtlich genervt. Schließlich werde das Fundament gegossen und das zahle die Firma Henkel nur einmal. Also setzte die SPD die „bürgerfreundliche Uhr“im Ratsausschuß durch. Jetzt bleibt nur noch die Frage, ob sich Henkel überhaupt mit dem neuen Standort zufrieden gibt und Oldenburg noch als „würdig“genug betrachtet, die Uhr aufstellen zu dürfen. Das entscheidet nämlich – nach wie vor die Henkel-Jury. Und ob die jetzt noch will?

Maik Günther