piwik no script img

„Wir haben schön brav allen vertraut“

■ Sie sind resigniert und kämpfen doch weiter für „Brot und Rosen“: Die Vulkan-Frauen

„Was wäre wenn...“– vor einem Jahr verteilten die „Vulkan-Frauen“Arbeitsamts-Formulare, um den VulkanesInnen vorzurechen, was wäre, wenn sie ihren Job verlören: Brot würde es wohl noch geben, Rosen dagegen? Der Name der Aktionsgruppe war geboren: Für „Brot und Rosen“wollten die Frauen kämpfen. Heute sagen sie: „Wir können nichts mehr tun, doch Brot und Rosen soll es weiter geben.“

Jeden Monat haben sich die „Vulkan-Frauen“im vergangenen Jahr getroffen, zwischenzeitlich waren es fast hundert, jetzt sind es nur noch zehn. Die „Vulkan-Frauen“, das sind Vulkanesinnen, Ehefrauen, Mütter, Schwestern, Schwägerinnen, Frauen aus zuarbeitenden Reinigungsfirmen und Vegesackerinnen, die nicht einfach so zusehen wollten, wie „ihr“Vulkan den Bach hinunter ging. „Wir hätten etwas tun können“, sagt Betriebsrätin Gisela Rexhausen heute resigniert. „Aber man hat uns nie die Wahrheit gesagt, die haben uns still- und hingehalten, und wir haben alle schön brav allen vertraut.“Viel lieber wäre sie den Bremer Politikern mehr auf die Pelle gerückt, zu allererst Arbeitssenator Uwe Beckmeyer. „Auf die Zeit, die jetzt kommt, ist wieder niemand vorbereitet.“

Sie werde auch irgendwann arbeitslos sein, sagt Gisela Rexhausen. „Bald bin ich 48. Ich habe nichts gelernt.“'71 zum Vulkan gekommen, wurde sie durch innerbetriebliche Schulungen Sachbearbeiterin in der Materialbestellung. „Zertifikate habe ich keine. Und die Großfirmen stellen keinen über 35 ein, und eine Frau schon gar nicht.“

Die magische Zahl 35 ist inzwischen auch Inga Seebeck ein Begriff. Ihr Mann, Schiffbauer, hat sie eben erreicht und in Eigeninitiative vor ein paar Wochen den Arbeitsplatz gewechselt. Obwohl er mindestens noch bis Ende September hätte beim Vulkan bleiben können, „schafft“er jetzt bei einem großen Automobil-Hersteller.

Inga Seebeck, Hausfrau und Mutter von drei kleinen Kindern, bleibt aber den „Brot und Rosen“-Frauen treu. „Auch wenn mein Mann jetzt Glück hatte und mich vielleicht einige dafür schief ansehen – da sind ja noch meine drei Schwager.“Die „Brot und Rosen“-Aktionen hätten wohl nicht so viel gebracht, aber immerhin moralische Unterstützung signalisiert. Inga Seebeck: „Es soll jetzt einen Vulkan-Käufer geben, das finde ich allerdings eigenartig.“ sip

Nächstes Treffen Montag, 5. Mai, 18 Uhr, Bürgerhaus Vegesack, Info

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen