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Kunstverein macht dicht

■ Vorstand verschiebt geplante Wiedereröffnung der Kunsthalle

Zwischen dem Bremer Kunstverein und der Kulturbehörde ist ein offener Streit ausgebrochen. Die für das Frühjahr 1998 angekündigte Wiedereröffnung des Museums muß um mindestens ein halbes Jahr verschoben werden, wenn die Stadt ihre Zuschüsse nicht erhöht. So hat's der Vorstand der ehrenwerten Gesellschaft mit der Gegenstimme des Behördenvertreters Rainer Köttgen jetzt ultimativ beschlossen und zugleich eine Zuschußerhöhung von 1,1 Millionen Mark pro Jahr gefordert. „Diese Drohung schlägt auf die Kunsthalle zurück“, hat's die Kultursenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) postwendend kommentiert.

Hintergrund des aktuellen Konflikts ist eine jahrzehntewährende Auseinandersetzung um die Finanzierung des Museums. Die Kunsthalle ist keine untergeordnete Behörde wie das Focke- oder das Übersee-Museum, sondern wird von einem privaten Verein unterhalten. Nach einer fast 40 Jahre alten Vereinbarung gewährt die Stadt allerdings Zuschüsse zu den Personalausgaben, den Bewirtschaftungskosten sowie den Ankäufen und den Aufwendungen für die Instandhaltung. Nach Auffassung des Vorsitzenden des Kunstvereins, Georg Abegg, erfüllt die Kommune ihre Verpflichtungen schon seit 1986 nicht mehr. Aus Anlaß der umfassenden Sanierung und der Wiedereröffnung hat sich der Vorstand jedoch erst jetzt zum öffentlichen Polit-Poker entschlossen und nimmt dabei in Kauf, daß die größtenteils längst abgeschlossenen Planungen ab April 1998 über den Haufen geworfen werden könnten.

„In Deutschland gibt es kein Museum, dessen Personal- und Betriebskosten nicht von der Stadt übernommen werden – auch in Bremen gibt es kein anderes“, so der Kunsthallendirektor Wulf Herzogenrath vor JournalistInnen. Auf über 3,7 Millionen Mark beziffern Herzogenrath und Abegg die Ausgaben, mit denen der Kunstverein in den letzten zehn Jahren aus eigener Tasche für die Bezahlung von Betriebsmitteln oder Instandhaltungen eingesprungen sei. Hinzu kommen rund fünf Millionen Mark für Kunst-Ankäufe, an denen sich die Stadt gar nicht mehr beteiligt habe. Obwohl der Verein zusätzlich gerade erst eine VolontärInnenstelle aus Spendenmitteln finanziert hat, ist die Geduldsgrenze auch bei den solventen Vereinsmitgliedern erreicht: „Wenn wir schon jemanden um Spenden bitten, wollen wir davon kein Schreibpapier kaufen, sondern qualitative Arbeit leisten“, begründete Georg Abegg die Entscheidung, in die Offensive zu gehen. Die da lautet: Eine Zuschußerhöhung von jetzt 1,9 Millionen Mark auf 2,6 Millionen in diesem Jahr und auf drei Millionen Mark in den folgenden Jahren.

„Im laufenden Jahr ist gar nichts mehr möglich“, wehrte Bringfriede Kahrs diese Forderung auf Anfrage ab. Die Kunsthalle sei bei der letzten Sparrunde vielmehr von Zuschußkürzungen verschont geblieben, sagte die Sozialdemokratin und schloß an: „Ich sehe die große Bedeutung dieses Hauses – es wird ein Schmuckstück, wenn es fertig ist.“In einem Brief habe sie dem Kunstverein ihre Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Der Forderung des Kunstvereins von 1,1 Millionen Mark mehr steht in den Vorplanungen der Behörde eine Zuschußerhöhung von 200.000 Mark gegenüber. Kahrs: „Auf einen Betrag dazwischen müssen wir uns einigen.“Ende Mai tage die Kulturdeputation – bis dahin werde laut Kahrs eine Lösung gefunden.

Noch liegen Forderung und Angebot allerdings sehr weit auseinander. Trotz der bestehenden Vereinbarung will es jedoch keine der beiden Seiten auf eine juristische Klärung des Streits ankommen lassen. „Wir sehen uns in einer ausreichend guten Rechtsposition“, glaubt zwar Abeggs Stellvertreter Harald Berghöfer, doch die Herren vom Kunstverein hoffen auf eine politische Entscheidung zugunsten von Kunsthalle und den anderen kulturellen Institutionen.

Zumindest außerhalb Bremens wurden die Bemühungen des Kunstvereins jetzt anerkannt: Für die Sammlung von sieben Millionen Mark Spenden für die 21 Millionen Mark teure Sanierung wird der Verein im Mai mit dem „Burda Corporate Art Preis 1997“ausgezeichnet. ck

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