Blairs irische Realpolitik

■ Labour will mit Sinn Fein verhandeln. IRA muß Waffenstillstand akzeptieren

Dublin (taz) – Alle waren zufrieden: David Trimble, Chef der nordirischen Unionisten, weil Tony Blair ihm eine Audienz gewährte, bevor er den irischen Premierminister John Bruton empfing. Bruton, weil er als erster ausländischer Regierungschef von Blair eingeladen worden war. Und Blair selbst, weil er es sich bei seiner ersten Begegnung mit nordirischer Realpolitik mit niemandem verdorben hat.

Trimble sagte, Blair habe die richtigen Prioritäten gesetzt. Bei den Unionisten, die für die Union mit Großbritannien sind, geht die Angst um, daß Labour sich als Wegbereiter für ein vereintes Irland entpuppen könnte. Doch schon als Blair vor drei Jahren Parteichef wurde, setzte er ein gegenteiliges Zeichen: Er warf seinen irischstämmigen Nordirland-Sprecher Kevin McNamara hinaus und setzte die eher unionistisch gesinnte Marjorie Mowlam ein.

Die freute sich gestern, daß sie sich so gut mit Bruton versteht. Das Treffen sei „informativ, konstruktiv und nützlich“ gewesen. „Wir stimmen darin überein, daß Sinn Féin an den Runden Tisch soll“, sagte sie, „aber als Bedingung muß die IRA einen Waffenstillstand eingehen.“ Schöne Worte reichen ihr nicht aus. Deshalb sei Sinn Féins Teilnahme bei der nächsten Runde am 3. Juni zweifelhaft. Die katholischen Sozialdemokraten warnten, die Hürde für Sinn Féin immer weiter zu erhöhen, wie Major es getan hatte.

Mowlam führte gestern zwei „vertrauensbildende Regeln“ ein: Eine Parade muß künftig nicht mehr eine, sondern drei Wochen vorher angemeldet werden. Die Polizei ist berechtigt, den Teilnehmern den Alkohol wegzunehmen. Ob so Konfrontationen wie bei der Parade im vergangenen Juli in Portadown verhindert werden, ist ungewiß. Die Situation ist angespannt, nachdem ein 25jähriger Katholik vorgestern in Portadown seinen Verletzungen erlag. Dreißig Loyalisten hatten ihm den Schädel zertrümmert. Die Polizei schaute zu. Ralf Sotscheck

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