: Einlagensicherung ist kein Exportartikel
■ Der Europäische Gerichtshof mindert den Verbraucherschutz. Strenge Sparsicherungsregeln dürfen nicht für deutsche Banken im Ausland gelten
Freiburg (taz) – Deutsche Banken dürfen im Ausland nicht mit ihrer konkurrenzlos guten Einlagensicherung arbeiten. Dies entschied gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Das EU-Gericht lehnte dabei eine Klage der Bundesregierung gegen eine EU-Richtlinie zur Harmonisierung der Einlagensicherung ab.
Nach der Pleite der hessischen Herstatt-Bank war 1976 damit begonnen worden, in Deutschland ein weltweit einmaliges System der Einlagensicherung aufzubauen. Statt bisher 20.000 Mark pro SparerIn wurden (je nach Größe der Bank) Summen bis zu mehreren Millionen Mark pro Person gesichert. Erreicht wird dies durch freiwillige Sicherungsfonds, in die mittlerweile fast alle deutschen Banken einzahlen.
Die 1994 von der EU verabschiedete Richtlinie sieht dagegen nur einen Mindestschutz von 40.000 Mark pro SparerIn vor. Für viele EU-Staaten bedeutet dies eine Erhöhung des Schutzniveaus, in Griechenland und Portugal war die Einlagensicherung bisher nicht einmal vorgesehen.
Für deutsche Banken hatte die Richtlinie allerdings unangenehme Nebenwirkungen. Zwar darf jeder EU-Mitgliedstaat in seinem eigenen Staatsgebiet den Mindeststandard der Richtlinie übertrumpfen, weshalb das deutsche Sicherungssystem unangetastet bleibt. Das deutsche Niveau darf allerdings auch nicht „exportiert“ werden. Ausländische Zweigstellen deutscher Banken dürfen also nur das dortige Sicherungsniveau anbieten. Die EU befürchtete, daß „das sofortige Aufeinandertreffen unterschiedlicher Sicherungssysteme“ die ausländischen Märkte allzusehr „destabilisieren“ könnte.
Eine aberwitzige Regelung, finden die deutschen Banken: „Das ist so, als wenn der Verkauf von importierten Autos mit Airbag verboten wird, nur weil die heimische Autoindustrie noch keine Airbags herstellen kann“, erklärt Stephan Steuer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Banken. Im Ministerrat der Europäischen Union stimmte die Bundesregierung deshalb auch gegen die Richtlinie, konnte sich aber nicht durchsetzen.
Auch der Weg zum EuGH hatte nicht den gewünschten Erfolg. Weil insgesamt der Sparerschutz in der EU „spürbar“ verbessert werde, sei es den deutschen Banken „zuzumuten“, das Sicherungsniveau ihrer ausländischen Zweigstellen auf Ortsniveau anzusenken. Stephan Steuer vom Bankenverband fordert nun, das bis 1999 befristete Exportverbot nicht zu verlängern. (Az.: C-233/94) Christian Rath
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