Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Anna Karenina USA 1996, R: Bernard Rose, D: Sophie Marceau, Sean Bean, James Fox

„Trotz einer Reihe werktreuer Dialoge ist es vor allem die Kraft der Bilder, denen der Regisseur Bernhard Rose vertraut, um Tolstois Reflexionen über das Glück, die Liebe und den Sinn des Daseins zu entfalten. Daryn Okada liest mit seiner Kamera in den Gesichtern. Sophie Marceaus Augen allein erzählen Annas ganze Geschichte. Gedreht wurde „Anna Karenina“in St. Petersburg und Moskau: Gold, wohin das Auge blickt. Rose hat einen um historische Genauigkeit bemühten Kostümfilm gedreht. Und doch interessiert er sich vor allem für das Zeitlose in Tolstois Roman. Er richtet das Augenmerk auf den Widerstreit zwischen dem Verlangen nach Erfüllung hier und jetzt und der Ahnung, daß verläßliches Glück nach einem sicheren Rahmen von Werten und Normen verlangt. Okadas Kamera schwelgt in Bildern des Luxus und des Überflusses, der doch zum Glücklichsein nicht reicht.“(epd-Film) UT-Kinocenter, MUWI-Filmkunst (Ol)

A Tickle In the Heart Deutschland/Schweiz 1996, R: Stefan Schiefert

„Der Regisseur hat die Epstein Brothers, ein legendäres Klezmer-Ensemble dreier alter Herren zwischen 70 und 84, in ihrem Lebensumfeld in den USA, in Konzerten in Europa und bei einem Besuch in der Heimat ihrer Urväter im heutigen Weißrußland mit der Kamera begleitet. Kein platt abfotografierter Dokumentarfilm, sondern ein sensibles musikalisches Porträt, das erfahrbar macht, warum nur jiddische Musik diesen „kitsl im hartsen“(so die jiddische Übersetzung des Filmtitels) hervorzurufen mag.“(tip) Cinema

B

Beaumarchais Frankreich 1995, R: Edouard Molinaro, D: Fabrice Luchini, Michel Serraut, Michel Piccoli / Originalfassung mit Untertiteln

„Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais (1732-1799) war ein erstaunlicher Mann. Uhrmacher und Erfinder, Glücksritter und Frauenheld. Bis heute hat es niemand vermocht, ein stimmiges Bild des ungewöhnlichen Erfolgsmenschen zu zeichnen. Erklärungen für die Geheimnisse und Widersprüche liefert auch Molinaro nicht. Stattdessen fügt er temporeich und musikalisch beschwingt einige markante Szenen aus dem Leben von Beaumarchais zusammen. Es entsteht dabei kein um historische Zuverlässigkeit bemühtes Portrait des Tausendsassas, wohl aber ein überzeugendes Stimmungsbild einer Gesellschaft, die in Bewegung geraten ist. Personifiziert wird diese Bewegung durch Beaumarchais, den rastlosen Helden.“(epd-Film) Kino 46

Beavis und Butt-Head machen's in Amerika USA 1996, R: Mike Judge

„Seit Jahren sind sie, MTV sei Dank, Kultfiguren. Und nun tummeln sich die beiden Cartoon-Knalltüten auch noch auf der Leinwand in einem Zeichentrick-Road-Movie. Überraschenderweise kommen die Abenteuer der Grunge-Knaben verblüffend komisch daher, sind durchaus abendfüllend und so subversiv wie auf MTV. Reichlich auf Drogen mutiert Beavis mal wieder zum durchgedrehten „Cornhoolio“und wirbelt zum großen Finale das Weiße Haus durcheinander - um schließlich gemeinsam mit Butt-Head die Welt zu retten. Bill Clintons Dank ist den beiden Deppen sicher. Und Walt Disney wird sich im Grabe umdrehen.“(Bremer) City, UT-Kinocenter

Big Night USA 1996, R: Campbell Scott, Stanley Tucci, D: Stanley Tucci, Isabella Rossellini, Campbell Scott

„Nach „Big Night“mag man nicht mehr zum Italiener gehen, denn kein wirkliches Essen kann so lecker sein wie jenes, das wir in diesem Film mit den Augen verzehren. Stanley Tucci, in letzter Zeit einer der schillernsten Nebendarsteller Hollywoods, hat mit seinem Kollegen Campbell Scott einen Augenschmaus angerichtet, einen kleinen Restaurant-Film über die große Kunst des Kochens, heiter, melancholisch und ein Genuß für all jene, die Filme nicht verschlingen, sondern sie sich lieber auf der Netzhaut zergehen lassen.“(tip) Schauburg

C

Chungking Express Hongkong 1994, R: Wong Kar-Wai, D: Brigitte Lin, Tony Leung / Originalfassung mit Untertiteln

„Wong Kar-Wais Film erzählt zwei nur lose miteinander verknüpfte Geschichten – beide über liebeskranke Polizisten, die sich mit Frauen einlassen, die nicht gut für sie sind. So waren früher einmal die Filme von Godard: Schnell, aus der Hand gefilmt, witzig und sehr, sehr hip. In diesem Jahr der schönste Besuch im Heartbreak Hotel“(Time Out) Kino 46

D

Dante's Peak USA 1997, R: Roger Donaldson, D: Pierce Brosnan, Linda Hamilton

„Wo anders als im Kino hat man schon die Möglichkeit, hautnah dabei zu sein, wenn ein Vulkan ausbricht? Die Filmemacher haben offensichtlich gut recherchiert, denn die einzelenen Stadien des Ausbruchs werden sehr detailiert und überzeugend vorgeführt. Dafür ist aber das Drehbuch extrem einfältig. Kein Klischee wird ausgelassen: Natürlich springt ein süßer Hund in letzter Sekunde in Sicherheit, und wenn ein unsympathischer Dickkopf sich nicht evakuieren läßt, weiß jeder, daß er die erste Hälfte des Films nicht übersteht. Ähnlichkeiten mit „Daylight“, dem letzten Tunnel-Disaster-Film, erklären sich dadurch, daß derselbe Autor für beide Skripts verantwortlich ist. Aber ich persöhnlich glaube, daß „Leslie Bohem“ein Computer-Software-Programm ist, denn man mag kaum glauben, daß ein Mensch so formelhaft und unpersöhnlich schreiben kann.“(Christopher Tookey) UfA-Palast, Solitaire (Westerstede)

Delicatessen Frankreich 1991, R: Jean-Pierre Jeunet, Marc Caro, D: Dominique Pinon, Jean-Claude Dryfus

„Delicatessen spielt in einer gar nicht so fernen Zukunft, in der die Fleischliebhaber aller Länder endgültig das Nachsehen haben. Hin und wieder verschwindet ein armer Mensch in den Arbeitsräumen des schmierigen Schlachters, und dann freut sich die ansässige Hausgemeinde über Leberpfanne und Herzragout. Jeunet und Caro verstehen es meisterhaft, die blutrünstigen Gedanken hungriger Schlachter mit dem bebrillten Charme kluger, aber schüchtener Fleischerstöchter zu paaren. Die gierige Hausgemeinschaft könnte dem Gruselkabinett des Dr. Caligari entsprungen sein, und doch sind es nur die armen Schweine von nebenan.“(taz) Atelier

Diebe der Nacht Frankreich 1996, R: Andre Techine, D: Daniel Auteuil, Catherine Deneuve

„Der Film führt unterschiedlichste Figuren, die in einem komplexen Beziehungsgeflecht stehen, zusammen. Im Mittelpunkt steht ein Mädchen, das sowohl von einer älteren Philosophie-Lehrerin als auch von einem zynischen Polizisten geliebt wird, der in seiner kriminellen Familie zum Außenseiter wurde. Behutsam und eindringlich, dank vorzüglicher Darsteller, umkreist der Film aus mehreren Perspektiven die Handlungen und Motive der Personen, wobei er sich dramaturgischer Elemente aus Kriminalfilm und Familientragödie bedient, sie aber auf ganz eigene Weise miteinander verschmilzt.“(film-dienst) City

E

Emma USA 1996, R: Douglas Mcgrath, D: Gwyneth Paltrow, Ewan McGregor

Eine englische Pfarrerstochter, die vor 200 Jahren gelebt hat, ist die zur Zeit erfolgreichste Lieferantin von Filmvorlagen für Hollywood. Der besondere Reiz der Jane Austin-Filme entsteht durch die saubere, fast märchenhafte Atmosphäre des „merry old England“mit Kleidern, die wie Teewärmer aussehen, noblen Landsitzen und vielen Picknicks in sonnigen Parklandschaften. Die schnippische und letzlich furchtbar snobistische Emma ist auf den ersten Blick keine besonders sympathische Heldin, und der dramatische Sog des Films entsteht dadurch, daß man darauf hofft, daß sie möglichst empfindlich mit ihren törichten Kupplereien Schiffbruch erleidet. Wenn man ihr schließlich doch das typische Happy-end gönnt, mit dem Austin mathematisch genau jedes Deckelchen auf sein Töpfchen setzt, dann liegt das an Gwyneth Paltrow, die Emma so jugendlich, arglos und gutherzig spielt, daß sie selbst von den strengen englischen Kritikern mehr gelobt als getadelt wurde. Als Amerikanerin versuchte sie zum Glück erst gar nicht, sich einen möglichst englischen Tonfall zuzulegen. Wer ein zweites „Sense and Sensibility“erwartet, mag enttäuscht sein, aber „Emma“ist eine grundsolide Adaption mit viel Tratsch und Sinnlichkeit. (hip) Atlantis, Gondel, Casablanca (Ol) / Originalfassung ohne Untertitel im UFA-Palast

Der englische Patient USA 1996, R: Anthony Minghella, D: Ralph Fiennes, Kristin Scott Thomas, Juliette Binoche, Willem Dafoe, Jürgen Prochnow

Der Autor Michael Ondaatje hat eine Unzahl von Geschichten in seinen Roman gewoben. „Die Geschichte der internationalen Sahara-Expedition in den dreißiger Jahren. Die Geschichte des Minensuchkorps der Britischen Armeee. Die Geschichte eines Sikhs in Europa. Die Tragödie einer Liebe.“Anthony Minghellas Verfilmung „schleppt sich eine gute Stunde so dahin. Toskanische Stille, Zweiergespräche, Dreiergespräche, dazwischen Rückblenden. Ein Wüstencamp, ein Sandsturm. Man ahnt nicht, was die Figuren treibt, was ihre Schicksale zusammenhält, doch der Film erzählt immer weiter: und dann, und dann... Dann geschieht das Unerwartete: das Wunder.“Denn „irgendwann kommt der Moment, in dem man aufhört, an das Buch zu denken, und nur noch zuschaut. „Der englische Patient“ist nichts als ein großer, ruhiger, altmodischer Liebesfilm. Von allen Geschichten, die in Ondaatjes Roman vorkommen, erzählt er nur eine einzige. Aber dieser einen verleiht er allen Zauber, den das Kino geben kann.“(Andreas Kilb, Die Zeit) Gondel, Filmstudio, Casablanca (Ol), Apollo (Whv), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)

F

Fräulein Smillas Gespür für Schnee Deutschland/USA 1996, R: Bille August, D: Julia Ormond, Gabriel Byrne, Vanessa Redgrave

„Smilla Jaspersen hält den Tod der sechsjährigen Jesaja nicht für einen Unfall und stellt Ermittlungen auf eigene Faust an. Dabei stößt sie auf zwielichtige Gestalten und dunkle Machenschaften. Die Spur führt von Kopenhagen nach Grönland ins ewige Eis. Aus der anfangs bedrohlichen Stimmung wird in Bille Augusts Bestsellerverfilmung allzuschnell eine reine Kriminalgeschichte, in der Smilla nur noch von einer Entdeckung zur nächsten hastet. Bei soviel Aufdeckungseifer gehen die Geheimnisse und die Spannung schon bald verloren.“(tip) UFA-Stern

From Dusk Till Dawn USA 1996, R: Robert Rodriguez, D: Quentin Tarantino, Georg Cloney, Quentin Tarantino

Für seinen Soulbrother Rodriguez holte Tarantino sein allererstes Skript aus der Schublade, überarbeitete es und spielt zu allem Überfluß auch noch eine der Hauptrollen. So daß man unmöglich sagen kann, wer von den beiden für welchen Blutfleck verantwortlich ist. Auch wenn Rodriguez noch so rasant schneidet, verliert man in der zweiten, mexikanisch-vampiristischen Hälfte des Films schnell die Übersicht und das Interesse daran, wer schon untot ist und wer noch ungebissen auf alle anderen eindrischt. (hip) City

G

Der Garten Tschechische Republik 1995, R: Martin Sulik, D: Roman Luknar, Marian Labuda

„In Martin Suliks wunderbarer, heiter melancholischen Parabel, in der der 30jährige Jakub lernt, dem Unerklärlichen so zu begegnen, daß es nichts Bedrohliches mehr hat, spielt ein verwilderter Garten die Hauptrolle, ohne daß vergrabene Leichen nötig wären, um die Handlung voranzutreiben und sich für das Verhältnis zwischen Jakub, einem modernen Candide, und der hexenhaften Helena zu interessieren – sowie für wilde Wespen, Ameisenhügel, Fallobst und eine seltsame Schafherde.“(tip) Cinema

H

101 Dalmatiner USA 1996, R: Stephen Herek, D: Glenn Close, Jeff Daniels, Joely Richardson

„Das Remake aus der Hölle! In dieser Realfilm-Version sprechen die Hunde nicht mehr, sie wackeln nur noch mit den Köpfen und bellen. Und die Menschen, angeführt von Jeff Daniels und Joely Richardson, wandern durch die ganze Angelegenheit mit einem benommenen, ungläubigen Gesichtsausdruck, was man ja auch durchaus nachvollziehen kann. In ihren Eingangszenen als die böse Cruella DeVil zeigt Glenn Close eine gewisse scharlachrote Freude an ihrer eigenen Monströsität. Aber schnell wird der Zauber und die Feinfühligkeit des Zeichentrickfilms von 1961 durch schwerfällige Grobheiten erschlagen. Ist dies jetzt die offizielle Geschäftspolitik von Disney?“(New Yorker) Kino 46, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)

J

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarienette jenseits der Sprache ausdrücken kann - genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“(Der Spiegel) Cinema, Casablanca (Ol), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen), Solitaire (Westerstede)

K

Kama Sutra USA 1995, R: Mira Nair, D: Sarita Choudhury, Naveen Andrews

„Mira Nairs pseudo-feministische Phantasie von weiblicher Selbstbefreiung und sinnlicher Selbstbestimmung wird ständig konterkariert von dem Umstand, daß die Frauen all ihr Sinnen, Lernen und Bestreben letzlich der Verführung des Mannes widmen. Der Mann lenkt ihr Tun – ihm zu gefallen, ist höchstes Ziel. Diese Welt wird ausgiebig in jenes orange-rot-braune Licht getaucht, das Haut und Haar so auffallend schimmern läßt. Mira Nairs eigentliches Thema, die spirituelle Dimension der Erotik, wird im Film nur vordergründig abgehandelt und bebildert. Dies wird durch aufwendiges Produktionsdesign, folkloristische Kostüme, durch Kunsthandwerk in Form von Tanz-Einlagen und ausgiebiges Abfilmen von Pracht und körperlicher Schönheit einzuholen versucht. Doch Exotik allein ist kein Garant für Aufmerksamkeit, das Ergebnis bleibt flach.“(epd-film) UT-Kinocenter, Cinema

Kleines Arschloch Deutschland 1996, R: Michael Schaak

„Michael Schaaks „Trickompany“verhalf dem Titelhelden zu einem animierten Leben. Und leider sieht vieles deshalb auch verdächtig nach „Werner“aus. Wenn das kleine Arschloch (gesprochen von Helge Schneider) über den Friedhof schiebt, hat der Film seine guten Momente; den subversiven, beißenden Witz der Bücher des „Käpt'n Blaubär“-Vaters Moers erreicht er leider nicht. Aber eines verdanken wir diesem Film dann doch: endlich mal an der Kinokasse sagen zu können: Einmal Kino 3, kleines Arschloch!“.“(TV-Spielfilm) Atelier

Knockin' On Heaven's Door Deutschland 1997, R: Thomas John, D: Till Schweiger, Jan Josef Liefers

„Hier geht es um zwei junge Kerle, die sich als ,Abnippel-Experten' verstehen dürfen: Jeder für sich hat soeben im Krankenhaus die Diagnose erhalten, daß sein letztes Stündlein nah bevorstehe; doch da sie sich beide zu munter zur Verzweiflung fühlen, fassen sie gemeinsam Mut zu einem letzten Ausbruch ins nie gelebte Leben. Weithin, zugegeben, ist diese Actionkomödie ein recht kumpelhaftes Abenteuer, bei dem viele freundliche Frauen immer nur kurz hereinschauen. Doch ebendiese Frauenferne bewahrt den Helden ihre Unschuld: Lausbuben sind und bleiben sie und also unwiderstehelich. Wer will schon beim Sterben der erste sein? Aber so heiteren Herzens sieht man Kinohelden nicht alle Tage zum Himmel fahren.“(Der Spiegel) UT-Kinocenter, UFA-Stern

Der Kontrakt des Zeichners Großbritannien 1984, R: Peter Greenaway

„Angesiedelt auf einem englischen Landsitz im Sommer des Jahres 1694 ist dieser formalistische Scherz von Greenaway eine Fantasie über Täuschungen der Perspektive und über die Beziehungen zwischen dem Künstler, seiner Kunst und der Welt. Der Film ist manieriert, die Dialoge sind so schalkhaft gezwitschert, daß sie höher gestimmt scheinen als eine Hundeflöte, und die Personen sind Gecken in Perücken, die so geometrisch geformt sind wie die Hecken von Marienbad. Diese lausbübische Bosheit gerinnt jedoch, weil der Film keinerlei dramaturgischen Sog entwickelt.“(Pauline Kael) Gondel

L

Lost Highway USA 1996, R: David Lynch, D: Bill Pullman, Patricia Arquette

„Wer rationale Erklärungen für diese faszinierende Reise in die Tiefen des Unterbewußtsein erwartet, wird von Lynch enttäuscht. Denn der Kino-Visionär konfrontiert in seinem Film-Puzzle das Publikum mit einer anderen Welt, auf die sich jeder selbst einen Reim machen muß. Raum, Zeit und Realität sind bloß Spielmaterial, um Themen wie Seelenwanderung, Persönlichkeitsspaltung oder schicksalshafte Kreisbewegungen effektvoll in Szene zu setzen. Zwischen Kafka und Hitchcock, Schizophrenie und Paranoia pendelnd, ist „Lost Highway“ein kompromißloses, wen auch nicht restlos überzeugendes Experiment, das sich als betörendes Beiwerk oder bewußtseinserweiternde Kinodroge interpretieren läßt.“(Bremer) Schauburg

M

Madita Schweden 1980, R: Goran Graffman

Madita hat tausend Flausen im Kopf. Das kleine Mädchen lebt in einem kleinen Dorf in Schweden und ist natürlich der Phantasie von Astrid Lindgren entsprungen. Gondel

Matilda USA 1996, R: Danny DeVito, D: Mara Wilson, Danny DeVito

„Danny DeVitos Verfilmung von Roald Dahls „Mathilda“ist ein wildes Werk ohne jede Sentimentalität. Es steht hemmungslos auf der Seite seiner frühreifen sechsjährigen Heldin gegen ihren Vater Mr. Wormwood, einen korrupten Gebrauchtwagenhändler, ihre bingosüchtige Mutter und Miss Trunchbull, die kinderhassende Sadistin, die Mathildas Schule leitet. Dies ist Dahl als Neo-Dickens mit seiner kleinen Heldin, die ihre telekinetischen Fähigkeiten einsetzt, um für Bildung und Menschlichkeit zu kämpfen. So inszeniert und ausgestattet, daß sie möglichst nah an die Atmosphäre eines Märchenbuchs herankommt, ist diese vergnügliche Komödie über einen Rachefeldzug extrem zweischneidig. Ich könnte sie mir jedenfalls nicht als den angemessenen Film für die Abschlußfeier einer Schule für höhere Töchter vorstellen.“(The Observer) UFA-Stern

Matusalem – Der Fluch der Piraten Kanada 1993, R: Roger Cantin, D: Marc Labreche, Emile Proulx-Cloutier

„Unter den Kinderfilmen von heute ist das kanadische Fantasy-Abenteuer „Matusalem“noch am ehesten eine Nachahmung von Hollywood-Vorbildern. Dort stand eindeutig Robert Zemeckis „Zurück in die Zukunft“-Serie Pate, zum Beispiel wenn die Kinder von heute die Piraten des 18. Jahrhunderts mit Rockmusik erschrecken.“(epd-Film) UFA-Palast

Metro USA 1996, R: Thomas Carter, D: Eddie Murphy, Michael Rapaport

„Keiner quasselt so viel, so schnell und so verqueres Zeug wie Eddie Murphy. Idealbesetzung also für die Rolle des unorthodoxen Polizeipsychologen, der Geiselnehmern lieber ein Loch in den Bauch redet, als ihnen eine Kugel in den Bauch schießt – bis ein Supergangster einen unerbittlichen Privatkrieg anzettelt. Herausragend auch die anderen Darsteller, die Actionsszenen, das Set-Design, die süffisanten Ideen am Rande. Alle Ingredienzen aber sind verschwendet an eine hanebüchene 08/15-Story, die man schon zu oft im Kino über sich ergehen lassen mußte.“(tip) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

N

Napoleon Australien 1995, R: Mario Andreacchio

„Der Golden Retriever-Welpe namens Napoleon erlebt aufregende Abenteuer in der wilden Natur Australiens. Ein faszinierender Tierfilm – hätte man auf die Musik gesetzt, den Tieren keine Stimmen ins Maul gelegt und statt dessen einen Erzähler genommen. Doch so verliert die wunderbar inszenierte Geschichte ihren besonderen Zauber.“(tip) Atlantis

P

Per Anhalter durch die Galaxis Großbritannien 1984 / Videoproduktion

Für das britische Fernsehen wurden die Kultbücher von Douglas Addams „Per Anhalter durch die Galaxis“und „Das Restaurant am Ende des Universums“mit viel Pepp und zuvielen Computergrafiken adaptiert. Drei Stunden lang kann man nun diese Parodie auf Science-Fiction-Mythen als Videoproduktion auf der großen Leinwand sehen. Besonders gut gelungen ist der depressive Roboter Marvin als ewig maulender Blechhaufen. Modernes

Pulp Fiction USA 1994, R: Quentin Tarantino, D: John Travolta, Bruce Willis, Harvey Keitel

„Daß da ausgerechnet Tarantino laxer und gefährlicher Umgang mit Gewalt vorgeworfen wird, ist absurd: Von Oliver Stones dumpf gespreitzter, schockgeiler und schmierig-koketter Verhunzung des Tarantino-Drehbuchs „Natural Born Killers“trennen „Pulp Fiction“Welten.“(Thomas Klingenmeier) City

R

Das Relikt USA 1996, R: Peter Hyams, D: Penelope Ann Miller, Tom Sizemore

„Mögen Sie Actionhorror pur? Monster-Movies wie „Der Blob“, „Tremors“oder „Aliens“? Dann sitzen Sie im „Relikt“hundertprozentig in der ersten Reihe. Für Schocks und Schauer, Splatter und Spannung sorgt hier eine blutrünstige Schleimkreatur, die sich im morbiden Naturkundemuseum von Chicago eingenistet hat, dort ihr Unwesen treibt und erstmal einem Nachtwächter den Kopf abbeißt. Der Genre-Spezialist vom Dienst, Peter Hyams, haut effektvoll auf den Putz und läßt einen furchteinflößenden Labyrinthgrusler der alten Schule von der Leine: Dunkle Gänge, dunkle Räume, dunkle Ecken und hinter jeder Tür wartet eine Schreckenssekunde auf die Helden und auf uns.“(Bremer) City, UFA-Stern, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Reservoir Dogs USA 1991, R: Quentin Tarantino, D: Harvey Keitel, Tim Roth, Chris Penn

„Das in seiner strengen Logik gnadenlose Abdriften des vermeintlich perfekten Verbrechens ins Chaos sowie die komplizierte Erzählstuktur hat Tarantino von Stanley Kubricks „The Killing“übernommen, und die guten Kenner des Hongkong-Action-Kinos können genau belegen, aus welchen Filmen Tarantino welche Szenen abgekupfert hat. Dennoch ist er weit mehr als nur ein Epigone. Sein Film hat eine Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann: Jedes Bild, jeder Ton, jede Einstellung stimmt. Wie bei Kubricks Film liegt hier die feine Ironie von „Reservoir Dogs“: Das präzis geplante Verbrechen geht schief, aber der genauso perfektionistisch geplante Coup im Kino gelingt. (hip) City

Rosanna's letzter Wille USA/Italien/Großbritannien 1996, R: Paul Weiland, D: Jean Reno, Mercedes Ruehl

„Über alles liebt Marcello, Trattoria-Besitzer in einem kleinen italienischen Dorf, seine Frau Rosanna, die unheilbar krank ist. Eigentlich kein idealer Ausgangspunkt für eine heiter-romantische Komödie. Doch Drehbuchautor Saul Turteltaub hat aus einer italienischen Volkserzählung eine im besten Sinne altmodische Komödie gemacht. Voller Zuneigung wird man Zeuge, wie der cholerische Marcello verzweifelt versucht, jedermann am Leben zu erhalten, weil nur noch drei Gräber auf dem Dorffriedhof frei sind. Denn der letzte Wunsch der angeblich Todgeweihten ist es, in Heimaterde begraben zu werden. Der Film setzt auf kauzige Charaktere und den widerborstigen Charme Jean Renos, der der sympathischen Figur des stets hysterischen Gastwirts die unbändige Energie einer Comicfigur verleiht.“(D. Lackner) UFA-Stern, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Die Rückkehr der Jedi-Ritter USA 1983/97, R: Richard Marquand, D: Mark Hamill, Harrison Ford, Carrie Fischer

Auch der letzte Teil der „Star-Wars-Trilogie“wurde jetzt aufwendig restauriert und mit neuer Tontechnik und Computeranimation aufgepeppt. Europa, Apollo (Whv), Solitaire (Westerstede)

S

The Saint – Der Mann ohne Namen USA 1997, R: Philip Noyce, D: Val Kilmer, Elisabeth Shue

„Was versteht man beim Film unter „Franchise“? Antwort: ein lizensiertes Markenzeichen wie James Bond oder Batman. Und was macht, wer ein solches Franchise-Produkt lancieren will, aber außer einer kultig angestaubten Romanfigur und einem 60-Mio-Dollar-Budget keinen blassen Schimmer hat, wie das geht? Antwort: Er klaut, wo's nur geht. Bei dem für die Wiedergeburt von Simon Templar verantwortlichen Paramount-Studio erinnerte man sich zudem an den letzten Hit – „Mission: Impossible“– und verpflichtete Regieroutinier Philip Noyce, der bereits mit zwei Tom-Clancy-Adaptionen seine Franchise-Tauglichkeit bewiesen hatte. Ähnlich wie bei der abstrusen Cruise-„Mission“kümmerten sich die Autoren einen Dreck um Story, Plot und Logik.“(TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol) / UFA-Palast auch in der Originalfassung ohne Untertitel

Set it off USA 1996, R: Gary Gray, D: Jada Pinckett, Quenn Latifah

„Sie sind Girlz N The Hood: Die hart arbeitenden Freundinnen Stony, Frankie, Cleo und Tisean fühlen sich vom System betrogen und verfallen auf eine irre Idee. Von der lokalen Kiezgröße mit Waffen ausgestattet, beginnen sie eine Karriere als Bankräuberinnen. Das löst finanzielle Probleme und sorgt für den richtigen Adrenalin-Kick – bis sich die Lage dramatisch zuspitzt. Der bestechend besetzte Film ist actionreich, hedonistisch, bewegend, cool. Und kommt der Idealvorstellung eines feministischen Thrillers erstaunlich nahe.“(tip) UFA-Palast

Shine – Der Weg ins Licht Australien 1996, R: Scott Hicks, D: Geoffrey Rush, Noah Taylor, Armin Mueller-Stahl, John Gielgud

Der Regisseur Scott Hicks erzählt hier die wahre Geschichte von David Helfgott, der in den 50er Jahren als Wunderkind am Flügel reüssierte, auf der Bühne nach dem Spielen des berüchtigt schwierigen 3. Pianokonzerts von Rachmaninoff zusammenbrach und nach einer langen geistigen Umnachtung wieder den Weg in die seelische Gesundheit und ans Klavier fand. Armin Mueller-Stahl spielt Davids Vater als eine wahrhaft erschreckende Mischung aus Tyrann und Opfer. Sein Gegenpol ist John Gielgud in einer weiteren schönen Nebenrolle als ein Musikprofessor, der David in London fördert und so etwas wie sein Traumvater ist. Das Wunderbare an diesem Film ist es, das er trotz Geisteskrankheit und Davids gescheiterter Weltkarriere alles andere als deprimierend ist. Dafür ist Hicks ein zu romantischer und warmherziger Erzähler. (hip) Schauburg

Space Jam USA 1996, R: Joe Pytka, D: Michael Jordan, Bugs Bunny, Daffy Duck

„Einen explosiven Cocktail aus Wirklichkeit und Cartoonphantasie hat das Team Reitman/Pytka hier gemixt: Wo sich Bob Hoskins noch mit einem einzigen Zeischntrick-Hasen namens Roger Rabitt herumschlagen mußte, wird Michael Jordan, einer moderenen Alice in MTV-Wunderland gleich, ganz in die Welt der Cartoonfiguren verpflanzt. Während am einen Ende der Geschichte die Gummikörper der Tooney Tunes für überbordende Phantasie sorgen. stehen am anderen Ende Basketballspieler, die sich alle selbst spielen, für einen bizarren Realitätskick.“(epd-Film) UT-Kinocenter, Schauburg

Die Story von Monty Spinnerratz Deutschland 1997, R: Michael F. Huse, D: Lauren Hutton, Beverley D'Angelo

„Die Marionetten der Augsburger Puppenkiste ins Kino zu bringen ist prinzipiell eine tolle Idee. Nur ist sie hier leider völlig verschenkt. Mit Blick auf den US-Markt nahm man ein amerikanisches Kinderbuch als Vorlage und verlagerte damit den Aktionsbereich der „fränkischen Muppets“über den großen Teich. Der Charme der Puppen ist dabei anscheinend irgendwo im Hudson River untergegangen.“(V. Bleek) UFA-Palast

T

Tage wie dieser... USA 1996, R: Michael Hoffman, D: Michelle Pfeiffer, George Clooney

„In dieser gefälligen, wenn auch etwas zu lange köchelnden romantischen Komödie treffen sich die beiden gehetzten alleinerziehenden Eltern George Clooney und Michelle Pfeiffer an dem nervigsten Tag ihres Lebens. Er ist Journalist bei einer Boulevardzeitung, sie ist Architektin. Beide haben zu viel zu tun und niemanden, der für diesen Tag auf ihre Kinder aufpasst. Obwohl sie sich auf den ersten Blick nicht leiden können, einigen sie sich nach einigem Zögern darauf, für diesen Tag die Elternpflichten zu teilen. Pfeiffers Sohn und Clooneys Tochter haben aber ihre eigenen Pläne und spielen ihren Eltern einen Streich nach dem anderen. Bei den komischen Streitigkeiten versuchen die beiden Stars sich gegenseitig auf bewunderswertem Niveau die Show zu stehlen. Aber leider dauert es eine kleine Ewigkeit bis zu dem Kuß, der sie zusammenbringt.“(International Herald Tribune) UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Trainspotting Großbritannien 1995, R: Danny Boyler, D: Ewan McGregor, Ewan Bremner / Originalfassung mit Untertiteln

„Ein Hauch von Monty Python liegt über dem Ganzen, der signalisiert: Dies hier ist aus U.K.-Zitaten zusammengemixt. Der Kult um die Geschichte einer drogensüchtigen Vorstadtclique beweist zweierlei: Die Junkies sind unter uns und Britannien produziert wieder Lebensgefühl.“(taz) Kino 46

Turbulence USA 1977, R: Robert Butler, D: Lauren Holly, Ray Liotta

„Serienkiller plus Flugzeugkatastrophe – schon dieser faszinierende Drehbucheinfall berechtigt zu den schönsten Hoffnungen. Und „Turbulence“erfüllt sie alle. Hier entfaltet sich ein Desaster-Movie im Geist der siebziger Jahre, mit unheilvollen Dialogen, geradlinigen Charakteren, hysterischen Effekten, heilsamer Moral und allerhand praktischer Überlebenstips. Die Leistung von Karen Blacks wackerer Flugbegleiterin in dem guten alten „Airport“überbietet Lauren Holly mühelos. Von ihr lernen wir, wie man einen Serienkiller zur Strecke bringt, unter fernmündlicher Anleitung einen Autopiloten programmiert und eine Karaoke-Party im obersten Stockwerk eines Wolkenkratzers sprengt.“(epd-Film) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Twin Town Großbritannien 1997, R: Kevin Allen, Llyr Efans, Rhys Efans, Dorien Thomas

Seine walisische Heimatstadt Swansea präsentiert Regisseur Kevin Allen hier als Sündenpfuhl, komplett mit heruntergekommenen Bordellen, kitschigen Karaoke-Bars, fluchenden indischen Kellnern und netten alten Großmüttern, die süchtig nach psychedelischen Pilzen sind. Nicht nur vor dem sehr schwarzen, britischen Humor muß man Feingeister bei diesem Film warnen: Mit über 500 sogenannten „F-Wörtern“hat „Twin Town“wohl Anrecht auf einen Platz im Guiness-Buch der Weltrekorde. Die Helden des Films sind die Brüder Julian und Jeremy Lewis, die einen Privatkrieg gegen die Unterwelt des Städtchens vom Zaume brechen und dabei so schwachsinnig, respektlos und amoralisch agieren, daß sie natürlich unbesiegbar bleiben. Sie sind Comic-Figuren, eine walisische Version von Beavis & Butthead, die von den Brüdern Llyr und Rhys Ifans ohne Rücksicht auf Psychologie und Glaubwürdigkeit mit frohgemuter Garstigkeit und ständig bekifftem Blick auf die größten Lacher hin gespielt werden. (hip) Schauburg, MUWI-Filmkunst (Ol)

U

Unzipped USA 1994, R: Douglas Keeve, D: Issac Mizrahi, Naomi Campbell, Earta Kitt

„Über Mode sollte nicht groß geredet und schon gar kein großer Film gedreht werden. Mode ist zum An- und Ausziehen da. Douglas Keeves Dokumentation über die Entstehung einer Winterkollektion von Issac Mizrahi dreht sich denn auch weniger um den schönen Firlefanz als um den US-Designer selbst, um einen sympathischen Wirrkopf nämlich, der für viel Glamour und Spaß sorgt. Die Statistinnen heißen Naomi Capbell, Linda Evangelista und Kate Moss – die natürlich auch backstage wie Supermodels aussehen. Die wahre Inspiration liefert dem Modemacher aber das Leben: Die Klotapete eines China-Restaurant etwa oder eine spirtistische Sitzung.“(Der Spiegel) Kino 46

V

Vertrauter Feind USA 1997, R: Alan J. Pakula, D: Brad Pitt, Harrison Ford

„Wer ein rechtschaffender Ire ist, läßt einen Landsmann in der Fremde nicht verkommen. So gibt der New Yorker Streifenpolizist Harrison Ford Brad Pitt, der frisch aus Belfast gekommen ist, eine Bleibe. Daß das keine gute Idee ist, zeigt der Film. Pitt entpuppt sich als IRA-Untergrundkrieger, der in den USA eine Ladung Raketen beschaffen soll. Als der brave Ford das spitzkriegt, wird einerseits aus dem Krimi ein tränenschweres Männerfreundschaftdrama und geht andererseits ein so mächtiges Geballer los, daß der Krieg in Belfast fast idyllisch erscheint.“(Der Spiegel) UFA-Stern

14 Tage lebenslänglich Deutschland 1996, R: Roland Suso Richter, D: Kai Wiesinger, Michael Mendl, Sylvia Leifheit

„Wenn ein Film mit einer derart kalten, gefühlslosen Sexszene beginnt wie dieser, dann ahnt man schon, daß es anders läuft als in all den Komödien und Beziehungsfilmchen aus deutschen Landen. Für Roland Suso Richters sehenswertes Knastpsychodrama magerte Kai Wiesinger deutlich ab; auch optisch wollte er sich deutlich von seinem bisherigen „Softie“-Image distanzieren. Um seine verschuldete Kanzlei medienwirksam ins Gespräch zu bringen, akzepiert der arrogante Junganwalt Wiesinger eine Erzwingungshaft von 14 Tagen für nichtbezahlte Parktickets. Doch kurz vor seiner Entlassung wird in seiner Zelle eine große Menge Kokain gefunden, und er wird zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Er weiß, daß er reingelegt worden ist. Und er ahnt auch, von wem ...“(Tv-Spielfilm) Ufa-Stern, Casablanca (Ol)

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Wer ist Mr. Cutty? USA 1996, R: Donald Petrie, D: Whoopi Goldberg, Diane Wiest, Eli Wallach

„Was haben sich die Produzenten dieser vorhersehbaren und erschreckend witzarmen Hochfinanzkomödie gedacht? Vielleicht: Wenn Robin Williams als ältliche Babysitterin komisch war, daß Whoppi Goldberg als ältlicher Finanzhai noch komischer wäre? Von wegen! In der Tradition (aber nicht der Klasse) von „Tootsie“und „Mrs. Doubtfire“schlüpft Whoopi Goldberg in die Doppelrolle. Als Laurel Ayres hat sie zwar ein Händchen an der Wall Street, aber auch das falsche Geschlecht. Sie erfindet den Geschäftspartner Robert Cutty, läßt sich schließlich zum Mann ummodeln und geigt allen Chauvinisten die Meinung. Man weiß nicht, was unglaubwürdiger ist: das Make-up oder die Moralpredigt.“(TV-Spielfilm) UFA-Stern

White Lies USA 1996, R: Ken Selden, D: Julie Warner, Rosanna Arquette

„Farce um einen Aufseher im New Yorker Guggenheim Museum, der sich als Maler ausgibt und so in den Vernissage-Zirkel von Hype und Hysterie gerät. Um weiterhin Schampus- und Kanapee-Kultur genießen zu können, braucht der engagierte Verfechter der „schwarzen Kunst“allerdings auch Vorzeigebilder, die er sich schließlich von einer heroinsüchtigen Pinselartistin aus der Nachbarschaft besorgt. Bittersüße Komödie, die süffisant den Kunstbetrieb vorführt.“(Focus) UFA-Palast

William Shakespeares Romeo & Julia USA 1996, R: Baz Luhrmann, D: Leonardo DiCaprio, Claire Danes

„Kinder reicher Eltern, die in großen Schlitten durch die Gegend fahren und sich kleine Schießereien liefern: Wie bei der zufälligen Begegnung an der Tankstelle, die dann in Flammen aufgeht – Auftakt für „William Shakesspeare's Romeo & Julia“, der selbstverständlich keinen klassischen Theaterfilm abgibt. Regisseur Baz Luhrmann spielt ironisch mit Versatzstücken aus der elisabethanischen wie der heutigen Zeit. Die Geschichte von Romeo und Julia wird von einer farbigen Ansagerin im Fernsehen präsentiert, wo – und das ist überhaupt der Clou des ganzen Films – allerdings Original-Shakespeare gesprochen wird. Luhrmanns Film ist eine echte Teenage-opera, unglaublich romantisch und tragisch zugleich, unterstrichen von einer Musik, die den Film stellenweise wie ein Musical erscheinen und seine Bilder grell explodieren läßt. Ausgesprochen sympathisch und natürlich herzergreifend.“(taz) UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

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2 Tage L.A. USA 1996, R: John Herzfeld, D: James Spader, Teri Hatcher, Danny Aiello

John Herzfeld läßt in seinem Debütfilm eine ganze Reihe von Figuren eher zufällig aufeinandertreffen, und er kann sich die sonst notwendige Exposition sparen, weil der Zuschauer sich aus den geläufigen Kinomythen von Los Angeles sofort die Figuren selbst zusammenreimt. Wie durch ein unsichtbares Netz werden die einzelnen Charaktere und Erzählstränge immer näher und zwingender zueinandergeführt. Ganz ähnlich hat Robert Altman L.A. in „Short Cuts“portaitiert, aber Herzfeld ist längst nicht so pessimistisch und moralisch wie dieser. „2 Days in the Valley“entpuppt sich mit der Zeit als romantische Thriller-Komödie, und seit Hitchcock in dieser Genre-Mischung den Standard gesetzt hat, gehört sie zu den schwierigsten Balanceakten für Hollywood-Regisseure. Zwischen solchen Fußfallen wie den Sentimentalitäten von Filmen wie „Ghost“und der Gefahr, ein weiterer von Tarantinos vielen Epigonen zu werden, strauchelt Herzfeld kein einziges Mal. Und auch wenn er Los Angeles als ein gefährliches Babylon schildert, zeichnet er einige seiner Figuren so liebevoll und menschlich, daß sie auf Erlösung hoffen dürfen. Gerade der auf den Hund gekommene Profikiller Dosmo bekommt etwa eine Chance, obwohl er schlechte Manieren hat und einfach so in einer Villa ein paar Geiseln nimmt. (hip) Schauburg