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Ein Etappensieg

■ Vergewaltigung in der Ehe ist strafbar – und nun?

Endlich! Der Bundestag hat mit großer Mehrheit das Strafrecht geändert. Vergewaltigungen werden nun in allen Fällen als das geahndet, was sie sind – Vergewaltigungen. Egal, ob das Opfer die Ehefrau, die Stieftochter, eine Kneipenbekanntschaft oder eine nächtliche Spaziergängerin im Park ist.

Aus heutiger Sicht erscheint es unglaublich, daß das deutsche Strafgesetzbuch 125 Jahre lang das Delikt der „ehelichen Vergewaltigung“ nicht anerkannte. 1871 erschien das allen beteiligten Juristen nur logisch: Eine eheliche Vergewaltigung konnte es nicht geben, denn jede Ehefrau gab qua Ehevertrag ihrem Gatten das uneingeschränkte Recht auf „Beischlaf“ – wie gewaltsam auch immer. Mit dem gleichen Argument galten zuvor auch Prostituierte als „nicht vergewaltigbar“, hatten sie doch vertraglich ihren Körper zur Verfügung gestellt, für was auch immer. Erst 1968 kamen Strafrechtsreformer auf die Idee, auch eine Ehefrau könnte ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung haben. Doch wichtiger als der Schutz der Ehefrau wog – für weitere drei Jahrzehnte – der Schutz der Ehe. Das abstruse Argument: Wenn die Polizei gegen einen ehelichen Vergewaltiger ermittle, gefährde sie dessen Ehe.

Jetzt feiern wir die überfällige Änderung des Strafrechts, die juristische Anerkennung der „ehelichen Vergewaltigung“, und damit einen Etappensieg der Frauenbewegung. Aber was kommt nach dem Fest? Die Mühen der Ebene: Bisher zeigte nur eine verschwindend kleine Anzahl von Ehefrauen ihren angetrauten Vergewaltiger an. Rechtsanwältinnen wagen nicht vorauszusagen, ob die Zahl der Anzeigen steigen wird, wenn das Verbrechen in der Ehe nicht länger als „Körperverletzung“ oder „Nötigung“ abgetan wird. Und selbst wenn die Zahl der Anzeigen steigt, bedarf es bei Polizei und Staatsanwaltschaft des Willens und der Kapazität, die Delikte auch zu verfolgen.

Noch aus einem anderen Grund bleibt nach der Freude über den Bundestagsbeschluß ein schaler Beigeschmack. Wir freuen uns, daß ein Delikt als solches anerkannt wird – und vergessen ganz, daß damit das Delikt noch längst nicht aus der Welt ist. Männergewalt läßt sich mit Hilfe von Paragraphen vielleicht bestrafen, aber verhindern? Barbara Debus

Bericht Seite 4

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