Allein in der Zelle mit Allah

■ Angeblicher linker „Terrorist“ Steinau konvertierte zum Islam. Briefe aus der Isolationshaft immer wirrer

Hamburg (taz) – Für Michael Steinau brechen schwere Zeiten an. Der zuletzt in Rellingen bei Hamburg wohnhafte Mann, dem die Bundesanwaltschaft vorwirft, als Mitglied der Antiimperialistischen Zelle (AIZ) an Sprengstoffanschlägen beteiligt gewesen zu sein, fristet seine Untersuchungshaft in Lübeck-Lauerhof in völliger Isolation. Schuld daran sind nicht nur die an das „RAF-Haftstatut“ angelehnten Haftbedingungen, die den angeblichen „Terroristen“ weitgehend von seiner Umwelt abschotten.

Weil der zum Islam übergetretene Steinau in zunehmend wirrer klingenden Briefen nicht nur regierungstreue iranische Gruppierungen hochleben ließ, sondern auch Partei für einen militanten Rechtsextremisten ergriff, distanzierte sich sein gesamtes Umfeld von dem aus Halstenbek stammenden 30jährigen. Hatte zuerst die linke UnterstützerInnenszene Steinau die Solidarität aufgekündigt, kam es nun auch zum offenen Bruch mit seiner Anwältin und dem Mitbeschuldigten Bernhard Falk, der zusammen mit Steinau am 25. Februar vergangenen Jahres in Witzhave (Kreis Storman) festgenommen worden war.

Der Auslöser: In einem Brief hatte Steinau bereits im März nicht nur den islamischen „Widerstand gegen den tief ungläubigen Staat BRD“ gefordert, sondern auch „Freiheit für Kai Diesner“ gefordert, einem ebenfalls in Lübeck inhaftierten Rechtsextremisten, dem ein Anschlag auf einen in der PDS organisierten Buchhändler und der Mord an einem Polizisten vorgeworfen werden. Diesner, so ließ Steinau wissen, sei sein „bester Freund hier in Lübeck“, mit dem er „zusammen kämpfen“ wolle.

Der in Köln einsitzende und ebenfalls zum Islam konvertierte Falk, der Steinau schon seit der gemeinsamen Schulzeit kennt, bezeichnete jetzt in einem Brief die Äußerungen seines Freundes als „Wasser auf die Mühlen derer, die islamischen Basisbewegungen Faschismus unterstellen“. Die „Briefe zunehmend abgedrehten Inhalts“, die Steinau verfasse, zeugten davon, daß der unter den „extremsten Isolationshaftbedingungen aller politischen Gefangenen“ inhaftierte Freund „offenbar am Rande des psychischen Zusammenbruchs“ stehe.

Kurz zuvor war es nach Auskunft einer Mitarbeiterin des islamischen Zentrums in Hamburg zum offenen Bruch zwischen dem Beschuldigten und seiner Anwältin, der Hamburger Verteidigerin Ursula Ehrhardt, gekommen. In dem kommenden Strafverfahren, in dem Falk und Steinau sich der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ und der Durchführung mehrerer Sprengstoffanschläge verantworten müssen, steht der Halstenbeker nun ohne Rechtsbeistand dar.

Keinen Beistand kann Steinau auch von den Gruppen im linken Spektrum erwarten. Bereits Ende vergangenen Jahres sah etwa die „Soligruppe Hamburg“ einer „politischen Solidarität“ mit den beiden Angeklagten „jeglichen Boden“ entzogen. Marco Carini