: High-noon für Herwig Haase
■ Rücktrittsappell an Parlamentspräsidenten wahrscheinlich
Heute mittag um 12 Uhr entscheidet die SPD-Fraktion auf einer Sondersitzung, ob sie Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) zum Rücktritt auffordern wird. Alles deutet darauf hin, daß die SPD-Abgeordneten den Pannen-Präsidenten gemeinsam mit der Opposition auffordern werden, sein Amt zur Verfügung zu stellen. Bei der SPD-Fraktionssitzung am Dienstag habe die einmütige Auffassung geherrscht, Haase sei dem Amt nicht gewachsen, sagte SPD-Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller. Haase erklärte gestern, er sehe keinen Grund zurückzutreten.
Ein Gespräch zwischen SPD- Fraktionschef Klaus Böger und CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky am Dienstag abend war ergebnislos verlaufen. Landowsky hatte die SPD gewarnt, die Rücktrittsaufforderung an Haase sei „der erste Schritt zum Ausstieg aus der Koalition“. SPD-Fraktionschef Böger erklärte dazu gestern: „Diese Nötigung läßt uns unbeeindruckt.“ Es gehe nicht um die Koalition, sondern um eine wichtige Personalfrage und das Ansehen des Parlaments. Auch der frühere SPD-Fraktionschef Ditmar Staffelt erklärte, an einem Rücktritt Haases führe kein Weg vorbei.
Gestern mußte der Pannen-Präsident dem Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses Rede und Antwort stehen. Die Abgeordneten gingen den umstrittenen Beförderungen bei Haases Mitarbeiterstab nach. Haase hatte die Beförderungen betrieben, obwohl sich das Parlamentspräsidium wegen der Haushaltslage dagegen ausgesprochen hatte. Haase hatte diese u.a. mit einer erweiterten Stellenbeschreibung herbeimanipuliert. SPD und Opposition kritisierten gestern im Hauptausschuß Haases Vorgehen. Die Stelle seines Büroleiters, der zudem zum Sprecher des Präsidenten befördert wurde, sei im Stellenplan gar nicht vorgesehen gewesen. Der parlamentarische Geschäftführer der CDU, Volker Liepelt, verteidigte Haases Vorgehen dagegen als korrekt.
Wenn der Antrag der Grünen heute abend im Parlament eine Mehrheit findet, wäre Haase politisch schwer beschädigt, formal wäre er aber nicht zum Rücktritt gezwungen. Eine Abwahl des Präsidenten ist in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen. Dorothee Winden
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen