Das große Bye-bye

■ Gegen Duisburg St. Paulis letztes Erstligaspiel in diesem Jahrtausend. Für Coach Nemet ist Schluß, Krautzun droht

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Kein Wunder, die morgige Bundesligapartie des FC St. Pauli gegen den MSV Duisburg ist ja auch eine ganz besondere. Mit Sicherheit das letzte Erstligaspiel der Hamburger in dieser Saison. Vermutlich sogar das letzte in diesem Jahrtausend. „Bye-bye Bundesliga“ist das – fast schon zu niedrig gehängte – Motto der Party. Das Sing- und Trinkfest beginnt morgen um 13 Uhr auf dem Stadionvorplatz an der Budapester Straße.

Einige Spieler haben ihr Kommen in Aussicht gestellt. Und auch Trainer Klaus-Peter Nemet will vorbeischauen. Dabei dürfte gerade dem Nachfolger des entlassenen Uli Maslo eigentlich nicht zum Feiern zumute sein. Das Thema „Cheftrainer beim St. Pauli“wird sich voraussichtlich für den 43jährigen schon heute vormittag erledigt haben. „Bye-bye Nemet“.

Um 10 Uhr hat KaPe, wie ihn am Millerntor alle nennen, einen Termin bei Präsident Heinz Weisener und dessen Vorstandskollegen Christian Hinzpeter und Horst Niewicki. Das hat Hinzpeter Nemet gestern telefonisch mitgeteilt. Es dürfte ein kurzes Gespräch in Weiseners Bürovilla an der Hansastraße werden. Das ist auch ganz im Sinne des Vereinschefs, der schon in den vergangenen Wochen nicht die Zeit gefunden hatte, mit Nemet einmal in Ruhe über dessen Zukunft beim FC zu sprechen.

„Ich gehe ohne Emotionen rein“, sagt Nemet, obwohl er lange hingehalten wurde. Er wolle gar nicht einschätzen, was ihn erwarte. „Eigentlich haben wir ein ganz gutes Verhältnis“, wirft der ehemalige Co-Trainer in die Waagschale. Helfen wird es nichts. Das St.-Pauli-Präsidium verhandelt lieber mit Eckhard Krautzun, dem neuen Favoriten, nachdem sich die Verpflichtung von Aleksandar Ristic zerschlagen hatte.

Der 56jährige Krautzun, derzeit beim tunesischen Erstligisten SSC Sfax unter Vertrag und zuvor in Kaiserslautern, soll dem FC St. Pauli den von Weisener geforderten sofortigen Wiederaufstieg bringen. Wie weit die Gespräche bereits gediehen sind, mochte Weisener-Adlatus Hinzpeter gestern gegenüber der taz, nicht sagen: „Kein Kommentar.“

Der Umworbene war da schon redseliger. „St. Pauli ist ein guter Klub“, lobte Krautzun. Das werden die Vorstands-Herren gerne gehört haben. Nach etlichen Flops – Jürgen Gelsdorf, Carsten Heine etc. pp. – war die Schelte nicht ausgeblieben. Sogar die grundsätzliche Komptenz der Führungscrew war mancherorts in Frage gestellt worden. Egal, findet Krautzun. Beim FC „stimmt die Atmosphäre, und da stimmen auch die Ziele“, erklärte der Fußballehrer, der an der Sporthochschule in Köln seine Abschlußarbeit über die Ernährung von Profikickern geschrieben hatte.

Nemet ist der Appetit längst vergangen. Schließlich hatte Weisener doch kürzlich versprochen: „Wenn es mit Ristic nichts wird, ist Nemet dran.“Doch anscheinend ist die Haltbarkeit von Statements der FC-Spitze nicht sehr lang. Die Verhandlungen mit Ristic sind wegen ungeklärter Abfindungsmodalitäten gescheitert. Nemet kommt dennoch nicht zum Zuge. Dazu fällt ihm nicht viel ein, außer „daß wir immer fair miteinander umgegangen sind“. Jetzt weiß es Nemet besser: Fair geht nicht immer vor.

Daß die Absage mit seiner schlechten Bilanz als Aushilfscoach zu tun habe, möchte Nemet nicht annehmen. Null Punkte in fünf Spielen bei 1:16-Toren seien zwar nicht so toll, aber „das fachspezifische Auge“könne sehen, daß mit der Mannschaft nicht mehr drin gewesen sei. „Ich habe den Verein übernommen, als kein anderer es wollte“, verteidigt sich Nemet, „ich habe das Beste rausgeholt.“Und – fast schon ein Schlußwort: „Ich wollte dem Verein damit helfen.“Jetzt hat der Samariter ausgedient. Clemens Gerlach