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Mißklänge eines Opernmusikers

■ In Israel Rechnung mit „Hitler“ unterschrieben

Tel Aviv/Berlin (taz) – Freitag nacht, nach einem Barbesuch in Tel Aviv. Ein Orchestermitglied der Deutschen Oper Berlin (DOB) unterschreibt seine Getränkerechnung mit dem Namen „Adolf Hitler“. Nach Angaben des Kellners ergänzt der Musiker, Hitler werde die Rechnung bezahlen. Und fügt hinzu: „Das ist kein Witz.“ Daraufhin verweist ihn der Hoteldirektor – ein Überlebender des Holocaust – des Hauses.

Mit seiner Namensfälschung löste der 54jährige Berliner Kontrabassist, der zur Zeit mit seinem Ensemble auf Israel-Tournee ist, Empörung und helles Entsetzen aus. Am Wochenende berichteten die israelischen Medien über den Vorfall. Die Zeitung Jedi'ot Ahronot veröffentlichte die unterzeichnete Rechnung. Danach hatte der Musiker weniger als einen Liter Bier getrunken.

Am Samstag, zu Beginn der Gastvorstellung im Tel Aviver Opernhaus, reagierten die Leitung der DOB, das Ensemble sowie die Deutsche Botschaft mit Entschuldigungen. Dennoch verließen einige Zuschauer den Saal und schlossen sich einer Demonstration vor dem Eingang an. Das Verhalten des Musikers sei völlig inakzeptabel, so der Berliner Operndirektor Götz Friedrich in einer Stellungnahme. Die Mitglieder des Orchesters distanzierten sich von ihrem Kollegen, der seit mehr als 20 Jahren in ihrem Ensemble tätig war, und forderten seine Entlassung.

Diese Konsequenz zog die Opernleitung am gestrigen Nachmittag. „Wir werden die Maßnahmen für eine fristlose Kündigung einleiten“, erklärte DOB-Sprecherin Barbara Hering gegenüber der taz. Am Sonntag war der Kontrabassist bereits nach Berlin ausgewiesen worden. Auch die Deutsche Botschaft bedauert das „völlig untolerable Verhalten“ des Ensemblemitglieds. „Der Musiker hat auf schamlose Weise die warmherzige Aufnahme des Orchesters in Israel enttäuscht“, so ein Botschaftssprecher zur taz. Bezogen auf das deutsch-israelische Verhältnis hoffe die Botschaft, daß die „wirren Äußerungen eines einzelnen“ keinen dauerhaften Schaden angerichtet hätten. A. Wollin/A. Kanis

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