: Von Bock hat keinen Bock mehr
■ Innenstaatsrat trat zurück / CDU -Chef Neumann setzte Senator Borttscheller unter Druck
Innenstaatsrat Hans-Georg von Bock und Polach ist gestern zurückgetreten. „Seit meinem Amtsantritt als Staatsrat wird versucht, mein Ansehen, das ich nicht zuletzt auch als Staatsanwalt erworben hatte, zu mindern“, bat von Bock den Innensenator Ralf H. Borttscheller (CDU) in einem Brief um seine Entlassung. „Es ist zu erwarten, daß weiterhin in regelmäßigen Abständen über mich berichtet wird.“Diese Veröffentlichungen seien „nicht nur geeignet meinen Ruf vollends zu ruinieren, sondern auch Dein Ansehen zu beschädigen“, schreibt von Bock weiter. „Dies gilt es zu verhindern.“
Mit seinem Rücktritt zieht von Bock die Konsequenzen aus dem seit Dezember 1995 andauernden Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung im Amt. Nach seiner Berufung zum Staatsrat waren im Dienstzimmer des ehemaligen Oberstaatsanwalts rund 180 unbearbeitete Akten gefunden worden, darunter 100 Ordnungswidrigkeiten, die verjährt waren. Auch eine Anzeige von Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) wegen Beleidigung gegen Mitglieder des Anti-Rassismus-Büros verlief im Sande: Von Bock hatte die Akte verloren.
Bereits wenige Tage nach seinem Amtsantritt war von Bock ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. In einem Ermittlungsverfahren wegen sexueller Nötigung gegen einen Bürgerschaftsabgeordneten hatte von Bock schwere Verfahrensfehler begangen. Anstatt den Abgeordneten offiziell zu vernehmen, lud er den Politiker zu einem inoffiziellen Gespräch in sein Dienstzimmer ein. Das Verfahren wurde später von einer anderen Staatsanwältin eingestellt.
„Ich habe nicht gesagt, daß an den Vorwürfen nichts dran ist. Einige Akten sind sicher nicht so bearbeitet worden, wie ich es gern gehabt hätte“, räumte von Bock gestern ein. Er sei jedoch überlastet gewesen und hätte die Behördenleitung schon seit 1989 darauf hingewiesen. Da daß Ende des Ermittlungsverfahrens nicht in Sicht sei, würde er jetzt seinen Hut nehmen. „Irgendwann fragt man sich, wielange will man das noch machen.“Von Bock selbst hatte in der vergangenen Woche allerdings noch etwa 20 Beweisanträge gestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft ging davon aus, daß das Verfahren in den nächsten drei Wochen abgeschlossen werde. Strafvereitelung im Amt setzt Vorsatz voraus. Die Ermittlungen gegen von Bock konzentrieren sich daher nur noch auf fünf Fälle.
„Schweren Herzens“und „um Schaden vom politischen Amt abzuwenden“nahm Borttscheller den Rücktritt an . Er fühle sich von seiner Partei nicht zu diesem Schritt „getrieben“betonte er. Nach Informationen der taz hat CDU-Landeschef Bernd Neumann Borttscheller nach der Sitzung des CDU-Landesvorstandes am Samstag allerdings sehr wohl nahegelegt, von Bock, der für den Geschmack der CDU für zuviele negative Schlagzeilen gesorgt hatte, zu entlassen. Nach dem Rücktritt von Bocks wird im Koalitions-Poker um die Staatsräte damit auch die Entlassung von Reinhard Hoffmann (SPD), dem Haushaltsüberschreitungen im Bildungsressort zur Last gelegt werden, immer wahrscheinlicher.
Von Bock soll jetzt externer Berater für die Polizeireform werden. Über seinen neuen Staatsrat wollte Borttscheller nur verraten, daß es sich nicht um einen Staatsrat aus einem anderen Ressort handele. Er käme aus Bremen und sei kein Mitglied der CDU. Borttscheller: „Ich will ihn aber erst meinen politischen Freunden vorstellen.“ kes
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