„Geschlagen, gedemütigt und gequält“

■ Polizisten sollen Asylsuchende mit Brechmitteln traktiert und rassistisch beschimpft haben

Das Antirassismus Büro Bremen (ARAB) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bremer Polizei. In den letzten Tagen sei es erneut zu gravierenden Übergriffen diesmal gegen mehrere Sierra Leones gekommen. Die Asylsuchenden seien „geschlagen, gedemütigt und mit Brechmitteln gequält“worden, so das ARAB. Inzwischen wurden Strafanzeigen wegen Körperverletzung, Diebstahl, Sachbeschädigung, Beleidigung und Strafvereitelung im Amt sowie eine Dienstaufsichtsbeschwerde erstattet.

Im ersten Fall am Dienstag vor einer Woche soll der 19jährige Sierra Leone Issa G. von zwei Zivilbeamten in einer Straßenbahn in der Bremer Innenstadt auf den Kopf geschlagen worden sein. Nach Angaben von G.'s Rechtsanwalt Jens-Uwe Thümer wurde G. zudem als „stinkender Nigger“beschimpft und auf das Polizei-Revier Innenstadt gebracht. Dort mußte, so Thümer, Issa G. Brechmittel trinken, da die Polizei ihm vorwarf, Drogen geschluckt zu haben. Thümer: „Mein Mandant hat sich erbrochen. Drogen wurden nicht gefunden. Er mußte sich aber wegen des Brechmittels zwölf Stunden lang blutig übergeben.“

Diesen Fall bestätigt Polizeisprecher Frank Kunze. Es sei aber nicht zu Schlägen oder Beleidigungen gekommen. „Die Zivilfahnder haben beobachtet, wie der junge Mann, gefolgt von mehreren Drogenkonsumenten, in eine Straßenbahn einstieg. Als sie ihn dann angesprochen haben, hat er angeblich mehrere Zellophankugeln mit Kokain verschluckt. Um die Drogen sicherzustellen, erhielt er ein Brechmittel. Das wurde erfolglos abgebrochen“, so Kunze.

Eine Woche vorher wurde im zweiten Fall der 17jährige Sierra Leone Aliu B. in einem Asylbewerberheim in der Neustadt bei einer Polizeirazzia verhaftet. Auch ihm wurde vorgeworfen, so das ARAB, Kokain verschluckt zu haben. Auch er wurde auf dem Revier mit Brechmitteln tracktiert. Aliu B.'s Angaben zufolge verlief dies ebenfalls erfolglos. „Erst nach geraumer Zeit ist er schließlich mit Kokainkügelchen konfrontiert worden. B. bestreitet zur Zeit heftig, diese geschluckt zu haben“, berichtet das ARAB. Auch der 17jährige litt nach der Verabreichung unter unstillbaren Kotzkrämpfen und mußte schließlich von einem Notarzt behandelt werden. Aliu B. erlangte schon 1996 traurige Berühmtheit. Wie berichtet, hatte er nach einem ähnlichen Polizeieinsatz vor dem Gebäude der Bereitschafts-Polizei Huckelriede das Bewußtsein verloren und mußte ins Krankenhaus befördert werden.

Zu diesem Fall konnte sich die Polizeipressestelle nicht weiter äußern. „Wir prüfen den Vorfall noch“, so Sprecher Kunze. Das gleiche gilt für eine Wohnungsdurchsuchung in der Neustädter Westerstraße. Da es sich dabei zudem um eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Kollegen handelt, wollte sich Kunze vorerst nicht weiter dazu äußern.

Bei dem Vorgang haben mehrere Beamte eine Wohnung von drei Asylbewerbern in einem Wohnheim durchsucht, so Rechtsanwalt Thomas Holle, der zwei der Betroffenen vertritt. Dabei sollen große Teile des persönlichen Besitzes und insgesamt 550 Mark entwendet worden sein. Dies bezeugt Udo Casper von der Flüchtlingsinitiative Bremen. Was Casper ebenfalls bezeugt: „Im Revier Neustadt hat man sich geweigert, eine Anzeige aufzunehmen. Zudem hat ein Beamter wörtlich geäußert: Die Schwarzen sollen zurück in den Dschungel gehen.“Stefan Luft, Sprecher von Innensenator Ralf Borttscheller (CDU), kommentierte die Vorfälle mit folgenden Worten: „Das ARAB ist ein Exponent der Bremer linksautonomen Szene. Die wollen nur die Polizei diffamieren.“ Jens Tittmann/F.: T.V