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Jospins Frauenkabinett

Frankreichs neue Regierung hat nur 14 MinisterInnen. Nicht alle sind für Jospin klar einzuschätzen  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Jacques Chirac mußte sich umstellen, als er gestern vormittag die neue französische Regierung im Élysée-Palast empfing: Unter anderem saß der an die Herren seiner konservativen Mehrheit gewöhnte Präsident acht Frauen, drei Kommunisten, einer Grünen und Vertretern sämtlicher parlamentarischer Strömungen der französischen Linken gegenüber.

Das Kabinett ist keine Schrumpfregierung, wie Lionel Jospin im Wahlkampf angekündigt hatte. Aber es ist mit seinen 14 Ministerien, zwei „beigeordneten Ministerien“ und zehn Staatssekretariaten stark reduziert. Es enthält viele regierungsunerfahrene Mitglieder und viele Sozialdemokraten. Von den sozialistischen „Schwergewichten“ aus den Regierungen unter Mitterrand ist niemand darin vertreten, hingegen zahlreiche für Jospin schwer berechenbare Mitglieder.

Dazu gehört der Präsident der Bürgerbewegung und entschiedene Euro-Gegner Jean-Pierre Chevènement, der Kommunist und ehemalige Eisenbahner Jean- Claude Gayssot, der das große Ministerium für Transporte und Wohnungsbau anführt, die Kommunistin Marie-George Buffet, die Ministerin für Sport und Jugend wird. Und natürlich auch die Grünenchefin Dominique Voynet, deren Partei auf einen Schlag sowohl den Einzug ins Parlament als auch in die Regierung schaffte und die jetzt Chefin eines großen Ministeriums für Raumordnung und Umwelt ist. Ihren Abgeordnetensitz mußte sie ihrem sozialistischen Stellvertreter überlassen. Voynet hatte Jospin nicht, wie sie gewollt hatte, davon überzeugen können, einen Grünen von außerhalb des Parlamentes in die Regierung zu holen.

Berechenbarer für Jospin, weil aus der eigenen Partei und schon lange in verantwortlichen Positionen tätig, ist die neue Kulturministerin, die bisherige Straßburger BÜrgermeisterin Catherine Trautmann, die ihr Rathaus vorläufig räumt. Trautmann, die seit dem Erfolg der von ihr mitorganisierten Anti-Front-National-Demonstration im März eine unumgängliche Figur der Sozialisten ist, ist zugleich auch Sprecherin der neuen Regierung.

Berechenbar und langjährig mit Jospin vertraut ist auch Wirtschafts- und Finanzminister Dominique Strauss-Kahn (PS). Gleiches gilt für den Außenminister Hubert Vedrine (PS), der als Generalsekretär des Élysée-Palastes unter Mitterrand an der Entstehung der Maastrichter Verträge mitgearbeitet hat.

Das neue Superministerium der Regierung Jospin trägt den vielversprechenden Namen „Arbeit und Solidarität“, ist gleich hinter dem Premierminister angesiedelt und mit der Lilloiser Abgeordneten und einstigen sozialistischen Arbeitsministerin Martine Aubry besetzt. In der Hierarchie gefolgt wird es von der einstigen sozialistischen Europaministerin und Avignoner Abgeordneten Elisabeth Guigou, die jetzt Justizministerin ist und sich auf eine vom Präsidenten angekündigte große institutionelle Reform und zahlreiche, teils hochpolitische Verfahren vorbereiten muß.

Die neue Kohabition, also das Zusammenwirken von Regierung und Präsident aus unterschiedlichen Lagern, läßt sich zumindest galant an: Am Ende der konstituierenden Sitzung der Regierung sagte gestern morgen eine neue Ministerin über Chirac: „Er hat uns sehr herzlich willkommen geheißen.“ Der Präsident selbst, der noch vor einer Woche vor den Gefahren der Kohabitation für Frankreich gewarnt hatte, zeigte sich gestern überzeugt davon, daß er mit der neuen Regierung, die ihm der Souverän aufgezwungen hat, gut kooperieren werde. Er wolle „in Würde, gegenseitigem Respekt und in der beständigen Sorge um die Interessen Frankreichs“ mit der neuen Regierung zusammenarbeiten, sagte Chirac. Und der neue Premierminister Lionel Jospin raspelte mit: Auch er versprach artig eine gute Zusammenarbeit „jenseits der Unterschiede in den politischen Vorstellungen“. Siehe Portrait Seite 11

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