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DDR-Richter als Rechtsanwälte nicht zugelassen

■ Verfassungsbeschwerden von zwei ehemaligen DDR-Richtern, denen die Anwaltszulassung entzogen wurde, blieben erfolglos. Sie hatten zu hart geurteilt

Karlsruhe (taz) – Ehemaligen DDR-Politrichtern darf die Zulassung als Rechtsanwalt entzogen werden. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem gestern bekanntgemachten Beschluß. Voraussetzung für diese harte Linie ist allerdings, daß die Richter zu DDR-Zeiten an „eklatanten Unrechtshandlungen“ beteiligt waren. Die Verfassungsbeschwerden von zwei betroffenen Ostjuristen nahm das Gericht mangels Erfolgsaussicht erst gar nicht zur Entscheidung an.

Es ging um die Fälle von Ronald Mielich und Peter Döring. Mielich war Richter in Berlin, Döring in Magdeburg. Nach der Wende begannen beide eine neue Laufbahn als Rechtsanwälte. Erst aufgrund eines 1992 geschaffenen Gesetzes wurde die Anwaltszulassung der beiden Juristen zurückgenommen. Wegen ihrer früheren Rolle in der politischen Strafjustiz der DDR seien sie eine Belastung für eine „integre Anwaltschaft“.

Ronald Mielich war zwischenzeitlich wegen zahlreicher überharter Urteile zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Er schickte einen republikmüden Bürger ein Jahr ins Gefängnis, weil dieser als Zeichen seines Ausreisewillens ein weißes Stoff-Fähnchen an der Trabant-Antenne befestigt hatte.

Auch Peter Döring kassierte nach der Wende eine Anklage wegen Rechtsbeugung. 1995 wurde er allerdings rechtskräftig freigesprochen. Seine Anwaltszulassung rettete dies jedoch nicht. In einer „Gesamtschau“ entschied der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofes, daß Döring als Anwalt „derzeit nicht tragbar“ sei.

Das Verfassungsgericht hatte an der Rücknahme beider Zulassungen nichts auszusetzen. Die angegriffenen Entscheiudungen seien „verfassungsrechtlich unbedenklich“. Die Berliner Justizverwaltung, die den Fall Mielich mit großem publizistischem Aufwand betrieben hatte, freute sich über den Erfolg. „Damit wurde der Entzug der Anwaltszulassung in allen Instanzen bestätigt“, sagte Sprecherin Corinna Bischoff.

Der Anwalt der beiden Ostjuristen, der Freiburger Michael Kleine-Cosack, ließ dagegen an der Karlsruher Entscheidung kein gutes Haar: „Für Ostdeutsche scheint das Grundrecht auf Berufsfreiheit nicht mehr zu gelten.“

Auf Kritik stößt vor allem, daß an die Zulassung von AnwältInnen fast ebenso hohe Anforderungen gestellt werden wie an RichterInnen und BeamtInnen – obgleich Recht suchende BürgerInnen frei entscheiden können, wer sie anwaltlich vertreten soll. Wie Kleine- Cosack gestern ankündigte, werden Mielich und Döring „in ein bis zwei Jahren“ neue Anträge auf Zulassung stellen. Er erinnerte dabei an den RAF-Advokaten Horst Mahler: „Der war zehn Jahre im Gefängnis und mußte auch wieder als Anwalt zugelassen werden.“

Bereits Ende 1995 hatte sich das Verfassungsgericht mit der Zulassung von DDR-JuristInnen zum Anwaltsberuf befaßt. Damals entschied Karlsruhe, ehemaligen DDR-AnwältInnen könne nur dann die Zulassung entzogen werden, wenn diese sich besonders schwere Verfehlungen zuschulden kommen gelassen haben. Die meisten der nachfolgenden Gerichtsverfahren gingen dann zugunsten der Ex-DDR-AnwältInnen aus. (Az.: 1 BvR 481/97 und 1 BvR 304/97) Christian Rath

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