: Rebellierende Lehrer in der Zange
■ Bildungsbehörde verbietet Wander- und Badetage, SKP zerrt die GEW zweifach vor Gericht
Die ganz harten Bandagen haben die Arbeitgeber im Konflikt um die Mehrarbeit für Bremens Lehrer angelegt. Um zu verhindern, daß in der kommenden Woche wegen der angekündigten Proteste Unterricht ausfällt, nehmen Bildungsressort und Personalbehörde (SKP) die rebellierenden Lehrkräfte und ihre Gewerkschaft GEW von zwei Seiten in die Zange.
Die SKP hat sowohl Arbeitsgericht als auch Landgericht angerufen, um der GEW Streikaufrufe für die kommende Woche verbieten zu lassen. Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) untersagt den Schulleitern, Wander- oder Badetage anzusetzen, weil diese „Protestaktionen gleichkommen“.
Die GEW gibt sich vor der Arbeitsgerichtsverhandlung am Montag gelassen. „Die Kollegien organisieren die Aktionen in eigener Verantwortung“, sagte GEW-Vorstand Heiko Gosch. Die GEW habe lediglich das „Motto –Schule geht baden“angeboten, die Initiativen gebündelt und verbreitet“.
Kahrs' Verbot von Wandertagen hält Gosch für absurd. „Das ist eine ganz neue Interpretation von ausdrücklich gewünschten Veranstaltungen“. Schulpersonalrat Thomas Koball: „Schulen sind autonom und können selbst entscheiden, wann sie Wandertage machen“.
Juristisch umstritten ist auch der Vorstoß des SKP-Chefs Ulrich Nölle (CDU), laut GEW ein „in Bremen einzigartiger Angriff auf die Demokratie“. Es müsse einer Gewerkschaft unbenommen sein, Veranstaltungen anzubieten, zumal am Nachmittag, sagte GEW-Anwalt Klaus Richter. Zum Streik habe die GEW schließlich nicht aufgerufen.
Seine Strategie kann der Anwalt möglicherweise am Dienstag wieder ausprobieren. Nach einer Beschwerde der SKP zog das Landgericht den zunächst auf Ende Juni festgesetzten Termin vor. Das Landgericht ist nach Meinung der SKP für die beamteten Lehrer zuständig, das Arbeitsgericht für die Angestellten.
Der „Unterlassungsanspruch“gegenüber der GEW sei aber in beiden Fällen der gleiche, hieß es bei der SKP. Die Behörde sieht einen „zivilrechtlichen Anspruch der Stadt und der Eltern“, daß die Lehrer ihren Job machen. Die GEW sei mit ihren Aufrufen der „Störer in rechtlichem Sinne“.
An den Schulen herrscht nach der Kahrs-Order vom Freitag Verunsicherung. Zumal, wie vom Zentralelternbeirat zu hören ist, viele Eltern inzwischen Unterrichtsausfälle nicht mehr hinnehmen wollen.
Viele Schulkonferenzen wollten erst am Montag über Wandertage oder ähnliche Aktionen entscheiden. Ob die Kollegen unter dem Eindruck der Drohungen protestieren wollen, sei noch offen, sagte ein Schulleiter. Es sei aber auch ein „Jetzt-erst-recht-Effekt“denkbar.
An anderen Schulen sind die Aktionen bereits geplant, die Eltern informiert. So will eine Grundschule aus Bremen-Nord am Mittwoch nachmittag, wie von der GEW „angeregt“, kollektiv und öffentlich die Unterrichtsvorbereitung verweigern. Am Donnerstag findet ein Flohmarkt statt, ab 12 Uhr wollen die Lehrer dann zur zentralen Kundgebung auf dem Marktplatz.
Nach Angaben der Bildungsbehörde haben die Schulleitungen bisher 1.760 streikende Lehrer gemeldet. Ihnen wird Gehalt abgezogen. Wer nochmal auffällt, muß mit einem Eintrag in die Personalakte rechnen. In der nächsten Woche soll die Bürgerschaft die zwei Stunden Mehrarbeit für Lehrer absegnen. jof
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen