: Ohne Geld kein Grün
GAL will in Rot-Grün-Koalitionsgesprächen erst über Finanzen und danach über Inhalte verhandeln. SPD: „Koalitionsgeilheit“ ■ Von Silke Mertins
Warum lange über Arbeit und Umwelt reden, über Gerechtigkeit und Fahrradwege, wenn am Ende kein Geld da ist? „Wenn man zwei Milliarden Mark aus dem Haushalt schneiden muß“, sagt GAL-Fraktionschef und Haushaltsguru Willfried Maier, „dann kann es keine Tabus mehr geben.“Gestern stellte er zusammen mit GAL-Spitzenkandidatin Krista Sager und Parteisprecherin Antje Radcke vor, wie rot-grüne Koalitionsverhandlungen nach den Bürgerschaftswahlen aussehen sollen.
„Wir müssen uns zuerst über den Haushaltsrahmen verständigen“, so Maier. Denn der bestimme, welcher politische Gestaltungsspielraum einem rotgrünen Senat überhaupt bleibe. Diesen Rat hätten jedenfalls die Parteifreunde aus den rotgrün-erprobten Bundesländern den HamburgerInnen mit auf den Verhandlungsweg gegeben und damit bei Maier „offene Ohren“gefunden.
Bevor Bürgermeister Henning Voscherau seinen „Knackpunkt“Innere Sicherheit auf die Tagesordnung setzen darf, soll erst einmal festgeklopft werden, „in welchem Tempo“und auf wessen Kosten gespart wird. Denn noch in der kommenden Legislaturperiode wird das Tafelsilber verbraucht und das Loch im Haushalt immer noch da sein. Maier und Sager wollen nicht die HEW verkaufen und damit städtischen Einfluß auf die Energiepolitik verringern, sondern Hafengrundstücke beleihen, um die Kasse klingeln zu lassen.
Mit der Rotstift-Skizze soll zudem ein Zeitrahmen vereinbart werden. So wolle man nicht über eine Ausweitung des Armutsbekämpfungsprogramms reden, ohne sich auf konkrete Umsetzungsvorgaben zu einigen. „Prioritäten“gelte es festzuhalten; die Armutsgrenze nicht abzusenken, sei für die GAL eine.
„Tabus“gebe es also schon, widerspricht Radcke deshalb Maier. Über die Verhandlungsstrategie „müssen wir noch diskutieren“. Doch auch die Parteilinke verspricht sich von dieser Vorgehensweise eine „Stärkung des grünen Profils“. In jedem Fall will die GAL die SPD das Sparen lehren. Denn, so Sager, Sozialdemokraten neigten dazu, den „Wahlhaushalt schönzurechnen“.
„Schöngerechnet wird hier gar nichts, sondern es ist alles grundsolide“, wies Finanzsenator Ortwin Runde (SPD) gegenüber der taz den Vorwurf zurück. „Man muß die Menschen an ihren Taten messen. Als Tat liegt ein Haushalt 1997 vor, der um 0,4 Prozent sinkt.“
Gar befremdet ist der Vorsitzende des bürgerschaftlichen Haushaltsausschusses, Walter Zuckerer (SPD). „Als ob beim Finanzrahmen etwas zu verhandeln wäre“, schüttelt er sein Haupt. Die „komische“GAL-Strategie demonstriere „Koalitionsgeilheit“.
In dem Versuch, schon jetzt eine Agenda für Koalitionsgespräche aufstellen zu wollen, sieht Finanzsenator Runde eine Kontinuität grüner Politik. „Die GAL hatte schon immer die Angewohnheit, das Fell des Bären zu verteilen, bevor er erlegt ist.“
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