Hundsgemeiner Biß

Warum Odin nach Buddy schnappte und Kampfhunde keinen Maulkorb tragen müssen  ■ Von Silke Mertins

Odin ist eigentlich unheimlich lieb. Nur den Buddy, den konnte er noch nie leiden. „Eine absolute Antipathie“, erklärte sein Herrchen Michael A. gestern dem Altonaer Amtsgericht die zwischenhündlichen Beziehungen der beiden Staffordshire-Bullterrier. Gemütlich war er mit seinem Sohn am See spazierengegangen, „da war's auch schon passiert“. Odin traf Buddy und fügte ihm einen hundsgemeinen Biß am Kopf zu.

Der Grund ist eine frühhündliche Prägung: Die beiden Rüden kennen sich von Welpenbeinen an, sie mochten sich noch nie. Entsprechend sank die Sympathie der beiden Hundehalter füreinander. Bei der vorletzten Beißerei „hat meiner erhebliche Verletzungen davongetragen“, klagt Michael A. Aber ist er vielleicht zur Polizei gerannt? Warum Buddys Frauchen sich nun so anstellt, Anzeige erstattet und alles völlig falsch schildert, ist ihm ein Rätsel. Schließlich hat er doch die Tierarztrechnung für die Kopfverletzung des unterlegenen Buddy bezahlt. Aber daß er nun auch noch für die Innenreinigung des Autos mit 300 Mark zur Kasse gebeten werden soll, sieht er wirklich nicht ein. Gegen den Strafbefehl von satten 1800 Mark legte der Flugzeugbauer Widerspruch ein.

„War Ihr Hund denn angeleint?“, will Richter Kloß wissen. Naja, eigentlich nicht. „Aber der andere Hund auch nicht“, petzt Michael A. Das behaupte Buddys Frauchen zwar. Aber es ist nicht wahr.

Nach Frau B.s Darstellung war alles ganz anders: Odin griff grundlos und nicht zum ersten Mal ihren Liebling an und biß ihn sofort in den Kopf. Buddy habe „keine Gegenwehr“geleistet, gab sie zu Protokoll. Dann sei Michael A. gekommen und „trat seinem Rüden ins Geschlecht“. Der Kampf wurde beendet. Und das Verfahren gestern eingestellt. Michael A. zahlt 600 Mark an den Tierschutzverein.

Ob so ein Kampfhund denn nicht grundsätzlich einen Maulkorb tragen sollte, fragt der Richter noch. Ihm seien die nämlich auch „unheimlich“. Aber warum denn? grübelt Odins Herrchen. „Andere Hunde beißen doch auch.“

Michael A. hat recht. Das Gesetz diskriminiert keine bestimmte Rasse, selbst wenn Aggressivität gegenüber anderen Hunden an- und eine Beißhemmung weggezüchtet wurde. Die „Kampfhundeverordnung“war verfassungsrechtlich nicht zulässig und wurde 1993 von einer „Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Hunden“ersetzt.

Ein Leinen- oder Maulkorbzwang ist nur dann vorgeschrieben, wenn der Hund sich „rechtlich gesehen als bissig erwiesen“hat, weiß Amtstierarzt Wiemann zu berichten. Bei vierbeinigen Ersttätern beziehungsweise -beißern sei dies meist noch nicht der Fall. Nur fünf bis zehn Prozent der vorgeführten Tiere werden zu Leine oder Maulkorb verdonnert. Da das für die Überprüfung zuständige Wirtschafts- und Ordnungsamt kein Personal hat, gibt es von Amts wegen nicht viel zu befürchten. Bis zum nächsten Biß.