: CDU schwenkt nach rechts
Spitzenkandidat Ole von Beust verspricht seinen WählerInnen: Polizei, Polizei, Polizei, mehr Auto und mehr Sauberkeit ■ Von Florian Marten
„Viel können wir von den Sozialisten nicht lernen, aber dies hier“, CDU-Spitzenkandidat Ole von Beust zückt ein Kärtchen, „aber dies hier hat Tony Blair an seine Wähler verteilt: fünf konkrete Wahlversprechen, für die sie ihn beim Wort nehmen können.“Von Tony lernen heißt siegen lernen, meint von Beust. Und so hat er sich, zum Staunen des CDU-Wahlprogramm-Parteitags am Freitagabend, ebenfalls fünf Punkte ausgedacht, mit denen er Henning Voscherau (SPD) das Fürchten lehren will. „Ich verspreche meinen Wählerinnen und Wählern, diese fünf Punkte innerhalb eines Jahres zu verwirklichen.“
1. „Jeder Hamburger Stadtteil soll eine Polizeistation erhalten.“
2. „Jeder U-und S-Bahn-Zug soll von einem Sicherheitsteam begleitet werden.“
3. „Alle Verkehrsschikanen wie Poller oder überflüssige Halteverbote werden beseitigt.“
4. „Wir werden Lohnkostenzuschüsse für die Beschäftigung junger Menschen bezahlen. Staatliche Beschäftigungsgesellschaften lehnen wir ab.“
5. „Wer Schmierereien verursacht, muß sie künftig selbst beseitigen.“
Freundlicher Beifall von den spärlich besetzten Rängen in der Wartesaal-Tristesse des CCH-Saales 4. Den CDUlern, die gekommen sind, das Wahlprogramm durchzuwinken – fast alle Korrekturvorschläge der Basis, zum Beispiel eine Ortsumgehung Rissen, werden abgeschmettert – scheint kaum bewußt, welch historischer Stunde sie beiwohnen.
Hatte sich die CDU 1993 noch um Modernität bemüht, etwa um Bürgerrechte und Bezirksdemokratie, so fordert sie jetzt die rechtsextremen Parteien programmatisch heraus. Nach dem SPD-Bürgermeister, der Hamburg von Bettlern und Kriminellen säubern möchte, macht jetzt auch die CDU den Kampf für mehr Polizei und weniger Sprayer-Kunst zum zentralen Thema ihres Wahlkampfs.
Ob Zwangsarbeit für Sozialhilfeempfänger, Sicherheitsverwahrung für Jugendliche, Sofortverurteilung von Ladendieben, die Rücknahme aller sogenannten „Schikanen gegen die Autofahrer“oder Sofortabschiebung aller straffällig gewordenen Ausländer – Ole von Beust und seine CDU haben angesichts der dramatisch schlechten CDU-Umfrageergebnisse den Kampf um die letzten Stammtische aufgenommen.
Während das CDU-Programm in den Themenfeldern Law and Order vor Tatenlust strotzt, werden die Felder Finanzpolitik, Ökologie, Ausbildung, Wirtschaft und Stadtentwicklung mit Leerformeln abgedeckt. Allein beim Verkehr gibt es Konturen: Stadtautobahnring, Stadtbahn, Parkplatzausbau und ein neues Grüne-Welle-System sollen die Wende bringen.
Die politische Botschaft ist unmißverständlich: Die CDU bietet sich Voscherau als Juniorpartner für eine knallharte Rechtspolitik an, die ihre Investitionsschwerpunkte in der Gewerbeflächenerschließung und im Straßenbau sieht. In der erhofften Großen Koalition sieht von Beust „eine Entscheidung für die Zukunft der Stadt“. Die Alternative? „Rot-Grün ist eine Horrorvision für die Stadt.“
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