piwik no script img

Stabilität oder Beschäftigung

Alle reden vom Stabilitätspakt, dabei soll es auf dem EU- Gipfel in Amsterdam eigentlich vorwiegend um den neuen EU- Vertrag gegen. Doch wenn's ums Geld geht, tritt alles andere in den Hintergrund.

Um die Verwirrung komplett zu machen, streiten die Regierungschefs in Amsterdam sowohl beim EU-Vertrag als auch beim Stabilitätspakt um die Beschäftigungspolitik. Dabei geht es um zwei völlig verschiedene Dinge.

Der EU-Vertrag regelt, wofür die Europäische Union zuständig ist und welche Entscheidungen nach wie vor bei den nationalen Regierungen bleiben. Er legt fest, in welchen Bereichen der Ministerrat, also die Vertreter der fünfzehn Regierungen, einstimmig oder mit Mehrheit entscheiden, bei welchen EU-Gesetzen das Europäische Parlament mitentscheiden darf, welche Aufgaben die EU-Kommission und der Europäische Gerichtshof haben.

Seit 1957 – als die Gründungsstaaten der EWG die „Römischen Verträge“ unterzeichneten – wurde der Vertrag mehrmals verändert, derzeit gilt die in Maastricht ausgehandelte Fassung. Sie soll nun durch den Amsterdamer Vertrag ersetzt werden.

Das umstrittene Beschäftigungskapitel wird voraussichtlich nicht viel mehr als eine allgemeine Zielvorgabe, daß die EU die Beschäftigungspolitik der Mitgliedsländer koordinieren und unterstützen soll. Paris möchte, daß die EU auch Beschäftigungsprogramme finanzieren kann, Bonn und London möchten alles verhindern, was Geld kostet.

Beim Stabilitätspakt, der zufällig auch in Amsterdam unterschrieben werden soll, sind die Fronten ähnlich. Der von Bundesfinanzminister Waigel durchgesetzte Pakt soll die Euro-Teilnehmer zwingen, auch nach Einführung der Währungsunion an der Sparpolitik festzuhalten. Wer zu hohe Schulden macht, muß Strafe zahlen.

Die neue sozialistische Regierung Jospin in Frankreich hat Nachverhandlungen gefordert, inzwischen aber signalisiert, daß ihr ein Zusatzprotokoll reicht, weil sie den Zeitplan für den Euro nicht gefährden will. Paris möchte der unabhängigen und auf Geldstabilität verpflichteten Europäischen Zentralbank (EZB) eine Art Wirtschaftsregierung entgegensetzen, die mit Blick auf die Arbeitslosigkeit zumindest Empfehlungen aussprechen kann. Bonn fürchtet, daß dadurch die Unabhängigkeit der Zentralbank ausgehöhlt werden könnte.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen