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„Sonst gibt es nur noch Mainstream“

Schmidt Theater fordert eine jährliche Subventionierung von 250.000 DM  ■ Von Christiane Kühl

Warum es in der Öffentlichkeit auf einmal so eine Aufregung gibt, weil die Kulturbehörde dem Schmidt Theater eine „einmalige Soforthilfe“von 40.000 Mark bewilligt, ist Impresario Corny Littmann ein Rätsel: „Wir machen seit über acht Jahren Programm ohne staatliche Zuschüsse. Das sollte eigentlich verwundern.“1988 hatte das Ex-Mitglied der freien Theatergruppe Familie Schmidt das Musik- und Varieté-Theater auf der Reeperbahn gegründet und unerwartet zum Publikumsrenner gemacht. Die schräge Anarchokabarettbühne wurde über die Jahre zum Betriebsausflugsziel. Jetzt sind die Zuschauerzahlen erstmals rückläufig, die Auslastung liegt nur noch bei 60 Prozent, 1996 machte das Haus 250.000 Mark Miese.

Seit über einem Jahr, so Littmann, weise er die Kulturbehörde auf die Schwierigkeiten hin, eine kleine Bühne ganz ohne Subventionen zu betreiben. Die prüfte die Bilanzen, stellte fest, „daß ausreichend Gewinne“gemacht würden, daß aber „ein Engpaß“zu konstatieren sei, wie Behördensprecher Ingo Mix es formuliert. Deshalb erhielt das Schmidt's im vergangenen Jahr einen Zuschuß von 30.000 Mark, Anfang dieses Jahres 100.000 Mark zu Erneuerung technischer Einrichtungen und jetzt noch einmal die erwähnte Soforthilfe von 40.000 Mark.

Doch mit Einzelposten sei nicht geholfen, sagt Corny Littmann, denn die Probleme lägen tiefer: „Wir zahlen mittlerweile 100.000 Mark Gema-Gebühren, und die Beiträge an die Künstlersozialkasse sind ums Dreifache gestiegen. Gleichzeitig gibt es in Hamburg ein immer größeres Angebot an Varieté, und das Publikum zeigt keine Risikobereitschaft mehr.“Diese Einschätzung bestätigte das Kabarettfestival kürzlich auf Kampnagel: Große Namen verkaufen sich, unbekannte Künstler spielen vor leeren Sälen.

Littman fordert eine dauerhafte Subventionierung von 250.000 Mark jährlich: „Das wird eine kulturpolitische Entscheidung. Wünscht die Stadt einen Theaterberieb mit Eigenproduktionen und Gastspielen auch neuer Künstler? Dann kostet das. Oder es gibt nur noch Mainstream.“

Doch mit Avantgarde ist das als Verzehrtheater ausgezeichnete Schmidt's nicht gerade hervorgetreten. Die Kulturbehörde sieht den Fall entsprechend nüchtern: „Das Schmidt's ist enorm wichtig für die Reeperbahn. Aber es ist ein Privattheater, und der Staat kann nicht immer einspringen.“

Auch die Musicaltheater und Kabarettbühnen erhalten keine Subventionen, lediglich 14 der rund 30 Privattheater Hamburgs bekommen öffentliche Zuschüsse. „Sie können uns ja verklagen“habe die Kulturbehörde ihm angeboten, als seine Subventionsforderung abgelehnt wurde, berichtet Jan-Peter Petersen von Alma Hoppes Lustspielhaus. Wenn Littman Geld bekommt, will auch er wieder Druck machen. Und mit ihm vermutlich noch einige andere Theatermacher der Stadt. Für Littmann kein Argument gegen seine Forderung. Er sucht jetzt das Gespräch mit Henning Voscherau.

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