: Heroin vom Freund und Helfer
■ Kleindealer belastet angeklagte Polizeiobermeister schwer. Er will von ihnen mit 20 Gramm Heroin für die Festnahme eines Drogendealers belohnt worden sein
Für zwei angeklagte Polizeiobermeister wird die Luft vor der 6. Strafkammer des Landgerichts zusehends dünner. Wenn in dem Prozeß um die Einfädelung eines Rauschgiftgeschäfts zur Festnahme eines größeren Heroindealers nicht noch eine überraschende Wende eintritt, werden die beiden Zivilbeamten morgen vermutlich verurteilt.
Der 36jährige Polizist Detlef W. und sein 26jähriger Kollege Andreas H. stehen, wie berichtet, wegen unerlaubter Abgabe von Heroin, Strafvereitelung im Amt und Freiheitsberaubung vor Gericht. Sie sollen im November 1995 einen Kleindealer mit 20 Gramm Heroin belohnt haben, nachdem dieser ihnen den Heroinhändler Xaver I. ans Messer lieferte. Die Angeklagten behaupten, eine solche Belohnung habe es nie gegeben.
Gestern wurde der 28jährige Türke Mezat B. aus der Haftanstalt Tegel als Zeuge vor Gericht geführt; er belastete die beiden Angeklagten schwer. Ruhig schilderte er, wie es zu dem Geschäft mit „Andy“ und „Detlef“ gekommen war. Nach seiner Festnahme am Mariannenplatz, so Mezat B. habe er sich auf den Deal mit den Beamten eingelassen, weil diese ihm sonst ein in den Büschen gefundenes Faltblättchen mit 0,5 Gramm Heroin zugeordnet hätten. Aus Angst vor einem Widerruf seiner Bewährungsauflage habe er bei seinem Bekannten Xaver I. 50 Gramm Heroin bestellt. Bei der arrangierten Übergabe in Kreuzberg noch am gleichen Tag schnappten bei Xaver I. dann die Handschellen zu. Mit den Worten „Brav gemacht“, so Mezat B. weiter, habe er von „Andy“ auf Geheiß von „Detlef“ ein Beutelchen mit 20 Gramm Heroin in die Hand gedrückt bekommen. „Tu so, als ob du wegläufst“, hätten ihm die Beamten bedeutet.
In der Wohnung des inzwischen zu sieben Jahren Haft verurteilten Xaver I. wurden 1,7 Kilo Heroin gefunden. Doch die Zivilfahnder konnten sich nicht lange in ihrem Erfolg sonnen. Vierzehn Tage später nahmen ihre Kollegen den Kleindealer Mezat B. mit 8,0 Gramm Heroin fest und erfuhren von diesem, daß dies die Restmenge des von „Andy“ und „Detlef“ ausgehändigten Stoffs sei.
Die Verteidigung versuchte, die Aussage von Mezat B. als typische Phantasie eines „Junkies“ abzutun, der zudem noch „ausländischer Mitbürger“ sei. „Natürlich werden Aussagen von Betäubungsmittelabhängigen sehr kritisch geprüft“, bestätigte gestern ein die Ermittlungen leitender Kriminalbeamter. Aber die „große Menge von Ungereimtheiten“ im Zusammenhang mit der Festnahme von Xaver I. und die Differenzen in den Berichten der beiden Beamten habe die Kripo dann doch „sehr nachdenklich“ gestimmt. Ob es oft vorkomme, daß Polizisten Kleindealer mit Stoff zu ködern versuchten, wollte der Vorsitzende Richter dann von einem Beamten des Rauschgiftdezernats wissen. Dieser zuckte mit den Schultern und sagte, daß er schon so manches erlebt habe, aber derartige Ermittlungen gegen eigene Kollegen seien ihm noch nicht untergekommen. Das Urteil wird morgen verkündet. Plutonia Plarre
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