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Nur Bewährung für Millionenpleite in Schwaben und Sachsen

■ Drei Milch-Manager kommen glimpflich davon, Bauunternehmer zahlt Strafe, Staatszuschüsse sind weg

Berlin (taz) – Sie haben zwei der größten Molkereien Deutschlands mitruiniert und kommen trotzdem auf Bewährung davon: Im Südmilch-Prozeß hat das Stuttgarter Landgericht gestern die früheren Molkereimanager Rudolf Hoffmann und Manfred Klecker wegen Betruges und Untreue zu Freiheitsstrafen verurteilt. Der frühere Südmilch-Finanzvorstand Hoffmann erhielt zwei Jahre Haft samt einer Geldstrafe von 100.000 Mark, der Ex-Technikvorstand Klecker ein Jahr und 10.000 Mark. Die Strafen wurden für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Den mitangeklagten Heidelberger Bauunternehmer Roland Ernst verurteilte das Gericht wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Geldstrafe von 630.000 Mark – 360 Tagessätze à 1.750 Mark.

Das Verfahren ist das vorläufige Ende einer typischen „Wir gehen in die Ex-DDR und sanieren uns“- Geschichte. Wolfgang Weber, der damalige Chef der Südmilch aus Stuttgart, erkannte seine Chance in den neuen Ländern. Die größte und modernste Molkerei Europas sollte in Lippersdorf bei Dresden entstehen. Die Südmilch-Tochter Sachsenmilch AG ging 1991 unter Betreuung der Deutschen Bank als erstes Ostunternehmen an die Börse. Roland Ernst war der Generalunternehmer für den Bau der neuen Molkerei in Lippersdorf. Er sollte dafür sorgen, daß die Kosten im Rahmen blieben und erhielt dafür üppige Provisionen.

Doch Südmilch-Chef Weber nutzt die Millionen aus dem Börsengang der sächsischen Tochter und die Zuschüsse des Landes Sachsen, um heimlich Bilanzlöcher zu Hause in Stuttgart zu stopfen. Als die Baukosten in Sachsen auf schließlich 320 Millionen Mark steigen, muß die Sachsenmilch 1993 Konkurs und die Südmilch einen Vergleich anmelden. Knapp 70 Millionen Mark an staatlichen Subventionen waren so versickert. Die Südmilch gehört nun nicht mehr den Bauern, sondern der niederländischen Campina Melkunie. Und die Lieferanten der Sachsenmilch sind einem anderen Milchmulti in den Schoß gefallen – der Allgäuer Müller-Milch.

Der Hauptverantwortliche aber, Ex-Chef Wolfgang Weber, ist bei allem fein heraus. Ihm gehört eine Rinderranch in Paraguay. Weil er inzwischen auch Staatsbürger des südamerikanischen Landes ist, wird er nicht ausgeliefert und bleibt damit straffrei. Reiner Metzger

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