: Junkies brauchen Infos
Die Junkies, zweitgrößte Gruppe der HIV-Infizierten in Deutschland, konnten bisher kaum von der neuen Kombinationstherapie profitieren. Da ein regelmäßiger ärztlicher Kontakt unter den infizierten Drogengebrauchern in der Regel nicht stattfindet, ist an eine kontinuierliche Überwachung der Viruslast, an einen optimalen Beginn oder überhaupt an eine kontinuierliche antivirale Therapie nicht zu denken.
Viele Junkies sind nicht mehr krankenversichert und damit ohnehin vom medizinischen Versorgungssystem abgekoppelt. Das komplizierte Einnahmemuster der verschiedenen Medikamente überfordert zudem viele Patienten, deren Energie ganz auf die Beschaffung ihrer Drogen konzentriert ist. Die Lebensrealitäten eines Junkies sind mit der verlangten Disziplin der antiviralen Therapie schlicht unvereinbar.
Den meisten infizierten Junkies sind zudem die Erfolge und Chancen der neuen Kombinationstherapie überhaupt nicht bekannt. „Wir müssen das viel stärker publik machen“, sagt Robert Böhm vom Selbshilfenetzwerk YES. Für viele Junkies wäre die Möglichkeit einer antiviralen Therapie ein Anstoß, um auszusteigen und eine Substitution zu versuchen. Allerdings, so Böhm, „wird es derzeit immer schwieriger, eine Substitution zu kriegen, weil die Kassen nicht mehr zahlen wollen“.
Bei substituierten Patienten, die antiviral behandelt werden, zeigen sich andere Probleme. Die antiviralen Mittel werden in manchen Fällen schlecht toleriert, Nebenwirkungen wie extreme Übelkeit und Schwindel sind in dieser Gruppe häufiger. Offenbar vertragen sich die Medikamente nicht mit den verabreichten Heroin-Ersatzstoffen.
In Deutschland gibt es etwa 6.000 HIV-infizierte Junkies. Von ihnen sind 1.563 an Aids erkrankt.
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