Rückflug in das diktatorische Togo

■ Das Oberverwaltungsgericht hat entschieden: Togo wahrt zwar die Menschenrechte, aber abgeschoben werden darf trotzdem. 26 Togolesen sollen deshalb Bremen bald verlassen

26 Menschen in Bremen bangen um ihr Leben. Sie alle stammen aus Togo, leben seit drei bis fünf Jahren in Deutschland – und sollen nun zurück. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat entschieden, daß es die Fälle nicht erneut überprüfen will. Damit steht eine Abschiebung unmittelbar bevor.

Entgegen seiner früheren Praxis stellt das Verwaltungsgericht Bremen seit November 1996 in jedem ihm vorliegenden Fall fest, daß Abschiebungen nach Togo unbedenklich seien. Auch Minderjährige werden ungeachtet der Haager Kinderkonvention zurückgeschickt - nach dem Motto, wer alleine kommt, kann auch alleine gehen.

Etwa 20 der Togolesen, die jetzt Bremen verlassen sollen, waren bereits vom Bundesamt für die Anerkennung von Asylbewerbern anerkannt worden. Gegen die Anerkennung klagte der an das Innenministerium angeschlossene Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten - mit Erfolg.

Mit der Bremer Gerichtsbarkeit haben die Flüchtlinge Pech: In Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, und im Saarland stellen die Verwaltungsgerichte immer wieder fest, daß allein „das Stellen eines Asylantrags ausreicht, um Togolesen bei ihrer Rückkehr zu gefährden“. Auch das Verwaltungsgericht Braunschweig urteilte in mehreren Verfahren, daß „für jeden bei einer Rückkehr die Gefahr besteht, getötet oder verletzt zu werden.“Bereits 1993 stoppte die Bundesregierung angesichts der dortigen Menschenrechtslage die Entwicklungshilfe für Togo.

In Bremen will man davon nichts wissen. „Wir haben beantragt, amnesty international, das Afrikainstitut oder andere Sachverständige zu hören“, erklärte gestern Rechtsanwalt Günter Werner. „In keinem Fall wurde dem stattgegeben. Die einzige Grundlage sind die Berichte der deutschen Botschaft in Togo. Und die ist auf gute Beziehungen bedacht.“Dabei ist selbst das Bremer OVG insoweit geständig, daß es attestiert, die Einhaltung von Menschenrechten werde in Togo „weitgehend nicht gewährleistet.“

Das wiederum ist auch kein Geheimnis: Im vergangenen Jahr wurde ein deutscher Diplomat auf offener Straße vom Militär erschossen, weil er sich weigerte, sein Auto durchsuchen zu lassen. Am 30. Jahrestag der Machtergreifung des Diktators Gnassingbe Eyadema wurden Ende Januar massenhaft Jugendliche festgenommen und verschleppt. Einige sind nie wieder aufgetaucht. Vor vier Wochen starb ein Mann, nachdem er ausgeplaudert hatte, der gestürzte zairische Präsident Mobutu sei im Anmarsch. Männer drangen in seine Wohnung ein, erschossen ihn und ließen einen billigen Fernseher mitgehen. Offizielle Begründung: Raubmord.

„Jede Menschenrechtsverletzung wird als allgemeines Verbrechen umdefiniert“, erklärte gestern der eigens angereiste Jean Yaovi Degli, Präsident der togolesischen Menschenrechtsliga und Rechtsanwalt in Paris. „Aber Sie würden sich wundern, wieviele Opfer der Opposition angehören.“Auch Pastor Erich Viering, der viele Jahre für die Norddeutsche Mission in Togo gearbeitet hat, schildert die Zustände eindringlich und verweist außerdem auf die besondere Rolle, die Bremen seit Einrichtung der Mission im 19. Jahrhundert dort spiele. „Wer evangelisch ist, nennt sich Bremer. Bremen gilt als Zufluchtsort, als Platz der Hoffnung. Und gerade hier finden sie keine Aufnahme.“Rechtsanwalt Werner erwägt jetzt, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. jago