: Wenn Frauen sich weiterbilden
■ Der Arbeitsmarkt zwingt zu berufsqualifizierenden Kursen
Frauen bilden sich anders fort als Männer. Sie wollen sich vor allem „persönlich fortentwickeln“, so die Einschätzung von Psychologin Elisabeth Gores-Pieper. Männer besuchten berufsorientierte Seminare eher, um sich „schnell viel reinzuziehen“.
Die These der Psychologin wird durch eine Studie des Bundesbildungsministeriums belegt. Das Ende 1996 erschienene „Berichtssystem Weiterbildung“ zeigt, daß Frauen sich eher allgemein, Männer dagegen erwerbsorientiert fortbilden. Volkshochschulkurse sind daher ebenso wie Managerseminare zur Ich-Entwicklung oft reine Frauenveranstaltungen. Nach wie vor nehmen Frauen deutlich weniger als Männer an Fortbildungen teil, so ein anderes Ergebnis der Studie. Das hat nichts mit männlichem Bildungshunger zu tun: Weiterbildung ist vor allem ein Phänomen von Berufstätigen, und hierzulande hocken vor allem die Frauen zu Hause. In Bereichen, wo Frauen auf gleicher beruflicher Stufe wie Männer stehen, ist ihr Bildungsinteresse mindestens ebenso hoch wie das männliche.
Auch in Ostdeutschland, wo Erwerbsarbeit für Frauen normal war, bilden sie sich nun genauso oft wie Männer weiter und suchen sich eher berufspezifische Themen aus. Im Westen so begehrte Frauenseminare wie „Selbstbehauptung“ oder „Körper und Sprache“ finden hier kaum Anklang. Teils wohl, weil ostdeutsche Frauen sich aus Angst um den Job vor allem beruflich weiterqualifizieren wollen. Teils auch, vermutet Erwachsenendozentin Lotte Anke Loettel, weil Ostfrauen selbstbewußter gegenüber Männern aufträten.
Doch auch in Westdeutschland werden sich Frauen allmählich erwerbsorientierter weiterbilden müssen, so die Einschätzung vieler Seminarleiter. „Wenn man ums nackte Überleben kämpft“, so Marianne Fischer, Dozentin an der Berliner Verwaltungsakademie, „ist es Luxus, Kurse zur Selbstreflexion zu besuchen.“ Sie rät zur berufsbezogenen Weiterqualifikation. Gudula Hörr
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