: Wie Kanzler Kohl das Klima killte
Kohl soll BDI-Präsident Henkel und BASF-Chef Strube im Frühherbst 1995 den Verzicht auf Alleingänge bei Energiesteuern versprochen haben – mit nachhaltiger Wirkung ■ Von Hermann-Josef Tenhagen
Berlin (taz) – Kanzler Helmut Kohl soll persönlich für das Ende der Ökosteuer-Diskussion in der CDU gesorgt haben. Das geht aus einem Aufsatz hervor, der morgen in den Blättern für deutsche und internationale Politik (Juli 97) veröffentlicht wird. Die Autoren Carsten Krebs und Danyel Reiche schreiben, Kohl habe im Herbst 1995 nach einem Treffen mit BASF-Chef Jürgen Strube und Hans-Olaf Henkel, dem Vorsitzenden des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI), die unionsinterne Debatte um einen Alleingang bei der Einführung einer Energiesteuer beendet.
Der BDI hatte sein Mißfallen über die Pläne, etwa den Vorschlag von Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble, den Kohlepfennig durch eine Energiesteuer zu ersetzen, schon vorher zum Ausdruck gebracht. Und Strubes Firma hat ganz sicher kein Interesse an einer Energiesteuer: BASF ist der größte Energieverbraucher der Republik. Wolfgang Ritter von der BASF saß 1995 dem Steuerausschuß des BDI vor. Außerdem hat der Konzern gute Kontakte zum Bundeskanzler. Kohl war in jungen Jahren bei BASF beschäftigt, und der Weltkonzern ist der größte Arbeitgeber in seinem Wahlkreis.
Das Kanzleramt teilte der taz mit, daß es zumindest im August 1995 kein offizielles Treffen zwischen Kohl und den Wirtschaftsführern gegeben habe. Mehrere Quellen in Bonn bestätigten aber, daß es ein solches Treffen doch gegeben haben müsse. Auffällig ist jedenfalls, daß Umweltministerin Angela Merkel noch im September 1995 von einem möglichen Alleingang bei den Energiesteuern sprach; in einem Interview erklärte sie, welche Industrien von einer etwaigen nationalen Umweltsteuer ausgenommen sein müßten. Wenige Wochen später aber ist im Strategiepapier des Unionsarbeitskreises zu Energiesteuern von Alleingang nicht mehr die Rede. Merkel gehörte der Gruppe an.
Der Arbeitskreis, von Wolfgang Schäuble unter der Führung seines Vize Hans-Peter Repnik eingerichtet, wurde zwar nicht aufgelöst. Aber er hat sich seit Vorlage des sechsseitigen Berichts „Eckpunkte der umweltorientierten Weiterentwicklung des Steuersystems“ im November 1995 nicht ein einziges Mal getroffen. Dabei hat es genügend Argumente für eine nationale Energiesteuer gegeben. Der Wegfall des Kohlepfennigs führte zu einer weiteren Senkung der ohnehin niedrigen Energiepreise. Im Wirtschaftsministerium hatte man sogar ausgerechnet, daß es bei einer Erhöhung der Energiepreise um fünf Prozent gegenüber den Preisen von 1993 fast 20 Jahre dauern würde, um auch nur die Energiepreise des Jahres 1985 wieder zu erreichen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen