: Kienbaum machte Rechenfehler
■ Wohnungsbaugesellschaften Bremische und Gewoba verlangen nicht zu hohe Mieten für Obdachlosen-Wohnungen / Kienbaum-Unternehmensberater geben Lapsus zu
Zuviel Miete für Obdachlosen-Wohnungen zahlt die Stadt an die Bremer Wohnungsbaugesellschaften Bremische und Gewoba: Dieser empörte Schlachtruf tönte gestern nach einer veröffentlichten Studie der Kienbaum-Unternehmensberater durch die Stadt. Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karl Uwe Oppermann wetterte sogleich über Millionen, die das Sozialamt zum Fenster hinausausschmeiße. Und Horst Ochs von der AfB warf dem Sozialamt schlicht „Behördenschlamperei“vor. Doch die Kritiker haben zu laut gerufen: Die Kienbaum-Zahlen sind schlichtweg falsch. Das gab gestern ein zerknirschter Kienbaum-Projektleiter zu: „Da ist uns wohl ein Lapsus unterlaufen“, bestätigte Holger Grebe und kündigte Korrekturen an.
Die Bremer Wohnungsbaugesellschaften fühlen sich verunglimpft – von einem Gutachten, das die Kienbaum-Unternehmensberatung aus Düsseldorf im Auftrag der Sozialbehörde angefertigt hatte. Kostenpunkt: 50.000 Mark. Miet- und Renovierungskosten der insgesamt 3.000 Wohnungen für Obdachlose in der Stadt sollten sie überprüfen. Dort sind seit über 40 Jahren auf Kosten der Stadt Menschen untergebracht, die nach Räumungsklagen obdachlos werden. So regelt es das bremische Ortspolizeirecht. Beim Durchforsten von 400 Mieter-Akten kamen die Kienbaum-Prüfer zu dem überraschenden Schluß: Die Stadt zahlt satte 30 Prozent zuviel Miete an die Vermieter Gewoba (883 Wohnungen) und Bremische (1.050 Wohnungen).
Grundlage des überraschenden Fazits: Zahlen aus einer Gewoba-Mitgliederzeitschrift, die laut Wohnungsbaugesellschaften niemals nachgecheckt wurden. Von einer durchschnittlichen Kaltmiete von 6,36 Mark pro Quadratmeter für vergleichbare B-Scheininhaber war da in einem Artikel die Rede. Die Stadt müßte aber, laut Akten aus dem Sozialamt, für Obdachlosen-Wohnungen bis zu 8,73 Mark, also fast drei Mark mehr, bezahlen.
Äpfel mit Birnen seien da verglichen worden, konterten gestern die Wohungsbaugesellschaften.
„Wenn wir von Kaltmieten sprechen, sind Betriebskosten wie Müllabfuhr oder Wasser nicht im Preis enthalten. Bei den Mieten für Obdachlose wurden sie aber dazugerechnet“, sagt Werner Teetz, Vorstandsmitglied der Gewoba. Nur so seien die Gutachter auf eine Differenz von 30 Prozent gekommen.
„Wir verlangen Miete doch nicht nach Nase“, ärgert sich Teetz. Für die öffentlich geförderten Wohnungen der Obdachlosen müßte die Stadt durchschnittlich 6,52 Kaltmiete bezahlen. Und Hermann Fuhse, Geschäftsführer der Bremischen, versichert: „Bei Wohnungen für Obdachlose nehmen wir doch nicht einfach mehr Geld.“
Das aber hatte die Sozialbehörde, offensichtlich blindlings, geglaubt: „Wir haben Kienbaum vertraut, wenn die das so ausrechnen“, sagt Herbert Wiedermann, Abteilungsleiter im Amt für soziale Dienste West. Auch ein weiteres Gutachter-Ergebnis über zu hohe Renovierungskosten – die allerdings nur mit einer Stadt (Duisburg) verglichen wurden – akzeptierte die Behörde. Gestern noch kündigte das Sozialamt Konsequenzen an: Ein Techniker werde die jährlich rund 2,6 Millionen Mark hohen Kosten vor Ort überprüfen.
Geredet hätte man mit den Gesellschaften im Vorfeld nicht. Das hätten die Gutachter tun müssen. Doch die wehren ab: „Das hätte die Stadt machen müssen“, sagt Kienbaum-Projektleiter Holger Grebe und entschuldigt sich: Kienbaum sei halt ein Fehler unterlaufen. Ein Fehler, den man sich in Bremen nicht erklären kann. „Kienbaum ist wohl eher mit Headhuntern beschäftigt als mit komplizierten Mietangelegenheiten“, so Werner Teetz von der Gewoba. kat
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