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■ QuerspalteBesser leben mit gut Deutsch

Mit unendlich viel Geduld und harter D-Mark hat der Deutsche seinen ausländischen Nachbarn beigebracht, daß er im Urlaub nicht mit fremden Lauten behelligt werden will. „Bier“ ist schneller und für beide Seiten leichter auszusprechen als „cervesa“, und aus diesem Grund heißen die Lokale an Spaniens Küsten auch „Zum Senftöpfchen“. Die Sprachverordnung gilt auch für die neuerschlossenen Gebiete in Osteuropa: Ungläubiges Staunen zeichnet sich auf dem Gesicht des jungen Deutschen ab, wenn die Verkäuferin in Budapest nicht prompt auf die Bestellung „Briiiiiiefmarrrrrke“ reagiert.

Außerhalb der Ferienzeit gelten selbstverständlich weitaus strengere Kriterien. Deshalb hat die Bundesregierung just Aussiedler aus Rußland aufgefordert, „ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und nach der Übersiedlung nach Deutschland mehr Deutsch zu sprechen“. Der Aussiedlerbeauftragte Horst Waffenschmidt (CDU) erklärte in Bonn, bessere Deutschkenntnisse seien nötig, um die „Akzeptanz“ der Rußlanddeutschen zu „steigern“. Recht hat er – scheinbar glaubt der Rußlanddeutsche, mit einem bestandenen Sprachtest sei schon alles erledigt; den Rest könne man in der neuen Heimat lernen. Womöglich von deutschen Kollegen! Von Nachbarn! In der Kneipe und wahrscheinlich auch noch verteilt über mehrere Jahre! Zugegeben, das klingt lächerlich, aber so ist er halt, der Rußlanddeutsche. Bequem und will dennoch akzeptiert werden. Anerkannter Mitbürger kann aber nur sein, wer Deutscher ist, und Deutscher wird nur, wer akzentfrei „Asylantenschwemme“ aussprechen kann.

Bevor Horst Waffenschmidt zu härteren Maßnahmen gewzungen ist und mit Rückumsiedlungen drohen muß, falls weiterhin heimlich zu Hause kasachisch geschnattert wird, empfehle ich den Rußlanddeutschen die strikte Einhaltung der Regierungsanweisung. Außerdem sollte man die Sache auch positiv sehen: Beim ersten Urlaub läuft alles wie geschmiert. Das Bier kommt zack, zack. Carola Rönneburg

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