Kairos selbsternannter Inquisitor muß zahlen

■ Gericht verurteilt den Islamisten Scheich al-Badri wegen Verleumdung

Kairo (taz) – Nun hat es den selbsternannten islamischen Oberinquisitor selbst erwischt. Ein Kairoer Zivilgericht verklagte am Dienstag den berüchtigten Scheich Jussuf al-Badri zu umgerechnet 3.000 US-Dollar Schadensersatz wegen Verleumdung einer ägyptischen Wochenzeitschrift.

Zum erstenmal hat damit ein ägyptisches Gericht im Kampf zwischen liberalen und islamistischen Intellektuellen einen Islamisten an den Pranger gestellt. Bisher waren es immer liberale Schriftsteller, Professoren, Schauspieler oder Journalisten, die sich – von Islamisten angeklagt – für ihre angeblich unislamischen Arbeiten vor Gericht zu verantworten hatten. Von Instanz zu Instanz wurden die liberalen Intellektuellen dann entweder freigesprochen oder tatsächlich als „unislamisch“ gebrandmarkt.

Der konservative Scheich Jussuf al-Badri hatte sich im letzten Jahr zu so etwas wie dem moralischen Zeigefinger der radikalen Islamisten vor den Gerichten entwickelt. In Dutzenden Fällen reichte er Klage gegen liberale Intellektuelle ein. Erst vor wenigen Tagen hatte er per Gerichtsurteil das vor einem Jahr vom Gesundheitsminister verhängte Verbot der Beschneidung von Frauen aufheben lassen. Scheich al-Badri erschien nach der Urteilsverkündung mit zum Siegeszeichen gespreizten Fingern vor dem Gerichtssaal.

Doch diesmal zog er den kürzeren. Al-Badri hatte von der ägyptischen Wochenzeitschrift Rose al-Jussuf 30.000 Dollar Schadensersatz gefordert, weil diese ihn in einem Artikel als Extremisten bezeichnet hatte, der Kunst und Kreativität feindlich gegenüberstehe. Doch die Anwälte der Zeitung drehten den Spieß um und verklagten al-Badri ebenfalls wegen Verleumdung.

Ein Kairoer Zivilgericht gab nun der Zeitschrift recht. In seiner Urteilsbegründung holte der Richter in noch nie dagewesener Weise gegen Badri und die Seinen aus. Ägypten sei „von einer Epidemie religiösen Extremismus befallen, in der einige wenige psychisch Kranke glauben, sie hätten die Macht, andere zu bestrafen und zu belohnen“, erklärte der Richter und forderte, daß „diese Extremisten in die Nervenklinik überstellt werden, damit ihre kranken Seelen dort behandelt werden können, bevor sie wieder als produktive und gesunde Menschen in die Gesellschaft eingegliedert werden können“.

Solch scharfe Worte sind ganz nach dem Geschmack von Adel Hamuda. Der Chefredakteur von Rose al-Jussuf hofft nun, daß sein juristischer Gegenangriff Schule macht. „Wir haben uns immer vor einer Handvoll Leuten vesteckt, die uns seit Jahren terrorisieren“, erklärte er gegenüber der taz. „Jetzt bekämpfen wir sie vor Gericht. Damit hört der ganze Spuk vielleicht auf.“ Der Richter habe verstanden, „daß sich Ägypten an der Schwelle zum 21. Jahrhundert befindet und für solche Leute einfach keine Zeit mehr hat“. Karim El-Gawhary