: Hafenschlamm zu giftig für das Watt
■ Umweltkiller Tributylzinn in hoher Konzentration in Bremerhavener Hafen-Becken / Bezirksregierung Lüneburg droht Bremen mit Verklappungsverbot in der Nordsee
Die Hafenbecken in Bremerhaven dürfen nicht mehr flächendeckend ausgebaggert werden. Diese Ansicht vertritt die Bezirksregierung Lüneburg. An einigen Stellen auf dem Grund sei die Belastung der Sedimente mit Tributylzinn (TBT) zu hoch, als daß man den Schlamm wie bisher in die Nordsee kippen könnte. Die Bezirksregierung droht nun, die Verklappung des Bremerhavener Schlamms im Wattenmeer zu verbieten. Noch am Montag hatte Hafensenator Uwe Beckmeyer (SPD) im Landtag verkündet, daß es keine Probleme bei der Genehmigung geben würde.
TBT ist ein gefährliches Umweltgift und verändert den Hormonhaushalt von Lebewesen. TBT ist Bestandteil von Schiffsfarben. Bei der Überholung von Schiffen wird ihr Rumpf mit einem Sandstrahlgerät blank geblasen, Sandstrahlpartikel können ins Wasser gelangen.
Für Schiffe unter 25 Metern Länge ist der Gebrauch dieser Farben bereits verboten. Werner Lüken, Geschäftsführer der Lloyd-Werft in Bremerhaven: „Wir entsorgen unser Strahlgut über eine autorisierte Spedition auf Sondermülldeponien. Heute bräuchte man keine TBT-Farben mehr. „Es gibt Alternativen“, sagt Lüken.
Aufgefallen waren die hohen TBT-Konzentrationen in Bremerhaven der Bezirksregierung Lüneburg. Sie hatte 1995 nur eine vorläufige Genehmigung zur Verklappung des Hafenschlamms in der Nordsee erteilt. Diese Genehmigung endet im Dezember.
„Wir haben unsere Verklappungserlaubnis bewußt vorläufig erteilt, um Folgen zu beobachten,“sagt Bernhard Knollmann, Dezernent für Wasserreinhaltung bei der Bezirksregierung. „Jetzt machen wir uns aber gerade wegen TBT Sorgen. In einigen Bereichen im Bremerhavener Hafen sind die Konzentrationen so hoch, daß wir eine Übereinkunft haben, daß an diesen Stellen das Sediment nicht mehr bewegt werden soll“, so Knollmann.
Da sich hohe Konzentrationen von TBT oft im Einflußbereich von Werften befinden, liegt die Vermutung nahe, daß sie durch Einleitungen von Reparaturabfällen zu erklären sind. „Wir haben die Bremerhavener darauf hingewiesen, daß wir TBT-Einleitungen von Land aus, etwa von Sandstrahlabfällen anliegender Werften nicht hinnehmen können. Wir müßten das bei einem erneuten Antrag auf Verklappungserlaubnis berücksichtigen“, sagt dazu Knollmann. Das in Bremerhavener Häfen passiert, ist aber Sache der Stadt und des Landes Bremen.
Tatsächlich hat die Bremerhavener Hafenverwaltung nach einem Gespräch mit der Bezirksregierung Lüneburg das Bremer Wasserwirtschaftsamt um Hilfe gebeten. „Wir werden uns nach den Sommerferien mit den Werften zusammensetzen und über den TBT-Eintrag über Land in die Weser sprechen. Es gibt viele Wege, wie auch bei sorgfältigem Arbeiten Sandstrahlreste ins Wasser gelangen können. Wegen ähnlicher Probleme mußten wir dem Vulkan Auflagen machen“, sagt Dr. Hans-Peter Weigel von Bremer Wasserwirtschaftsamt.
Bis zur vorläufigen Genehmigung zum Wegkippen des Schlamms 1995 hatte Bremerhaven „wild“verklappt.
Schon in dieser Zeit wußten Experten, daß das Umweltgift in den Hormonhaushalt von Lebewesen eingreift und zur Geschlechtsumwandlung führen kann. An Schnecken und Muscheln wurden bereits pathologische Veränderungen nachgewiesen. schuh
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