: Mahnwache gegen KZ-Profiteur
■ Nürnberg ehrt Rüstungsfabrikanten Diehl ungeachtet seiner NS-Vergangenheit. Morgen gibt's die Urkunde
Nürnberg (taz) – „Die Beschlußlage steht: Karl Diehl ist bereits seit 5. März Ehrenbürger der Stadt, morgen wird nur noch die Urkunde überreicht.“ Nürnbergs Presseamtschef Wolfgang Hübner sieht für weitere Erklärungen zu den Enthüllungen über die Nazivergangenheit des Rüstungsfabrikanten Karl Diehl „keinen Anlaß“. Die Stadtratsmehrheit aus CSU, FDP, Freien Wählern und einem „Republikaner“ habe die Sache bereits im März entschieden. Ob die Auszeichnung von Diehl dem Ruf der Stadt schade, das, so Hübner, „sollen andere beurteilen“.
Wie die taz gestern berichtete, hat Karl Diehl in der Nazizeit KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter beschäftigt und erhielt im August 1945 wegen seiner politischen Beziehungen im Dritten Reich von den Alliierten Funktionsverbot.
Weder die Nürnberger CSU noch der Diehl-Konzern sahen sich bis Redaktionsschluß in der Lage, eine Stellungnahme abzugeben. Die Nürnberger Grünen, die von Anfang an gegen Diehls Auszeichnung waren, wollen dagegen den morgigen Festakt demonstrativ bei der Ehrung des Rüstungsfabrikanten verlassen und sich einer Mahnwache anschließen. Diese findet unter dem Motto „Sie nennen ihn Ehrenbürger, aber er ist ein Kriegsgewinnler!“ um zehn Uhr vor dem Rathaus statt.
Während die SPD-Stadtratsfraktion jegliche Stellungnahme verweigert, will der SPD-Stadtrat und Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, Arno Hamburger, dem Festakt ebenfalls fernbleiben. Er fordert, daß Diehl, wenn er Ehrenbürger werden will, „seine Vergangenheit offenlegen“ solle. Bernd Siegler
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