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Flimmerndes Frühstück mit feuchtem Elbblick

■ Eine neue Veranstaltungsreihe bietet sonntags „Film und Frühstück“im B-Movie

Am Sonntag gab's im B-Movie zum ersten Mal Film und Frühstück, eine Veranstaltungsreihe, die in Zukunft regelmäßig fortgesetzt werden soll. In den Räumen des selbstgebauten Kinos oder nach Wahl im Hof neben Komposthaufen und Schubkarre wird ab 10 Uhr eine reichhaltige Morgenmahlzeit für nur sechs Mark serviert. Danach folgt eine Reise durch die Zeit: Auf roten Kordsesseln wurden vergangenen Sonntag sechs historische Kurzfilme über St. Pauli aus den Jahren 1906 bis 1958 angeguckt. Zusammengestellt und sehr genau kommentiert wurden sie von dem ehemaligen Mitarbeiter der Landesbildstelle Eggert Woost.

Die altertümliche Pädagogik vieler Filme mutet heute komisch an, und die gewollte Hamburg-Romantik verleitete manche Frühstücksgäste zu Gluckslauten. Ob das am Milchkaffee oder am Gesehenen lag, ist im September zu überprüfen, wenn die Filme im Vorfilmprogramm des Kinos gezeigt werden.

Enthüllung des Bismarck-Denkmals, der älteste erhaltene Film über Hamburg, zeigt die Einweihung des steingewordenen Größenwahns im Elbpark 1906. In dem sechsminütigen Stummfilm beeindrucken die alten Preußen mit ihren Pickelhauben, die des Moments der Enthüllung harren. Als der große Mann aus Stein dann tatsächlich die Hüllen fallen läßt, sieht es aus, als ob sein Bademantel wegwehe.

In Auch ein Film über die Reeperbahn, einer gelungenen Produktion des Jungen Arbeitskreis Film, ist das beschauliche St. Pauli der Fünfziger zu sehen. Vier Schuljungs mit Seitenscheitel und Jackett erarbeiten sich zwischen Moulin Rouge und kleinen Trödelläden auf der Reeperbahn Geld für Kasperlefiguren, indem sie einen Messerschmidt-Kabinenroller blankputzen. Das Puppentheater der braven, aber kreativen Jungs in der selbstgebauten Bretterbühne wird der volle Erfolg.

Ein kleiner Zirkus erzählt die Geschichte der armen, aber kinderreichen Artistenfamilie Cassely, die auf dem Fischmarktgelände in Bauwagen haust. Nicht mal ein Zirkuszelt besitzen die Kleinkünstler, Aufführungen finden nur bei gutem Wetter statt.

Sonntagmorgen in St. Pauli (1958) zeigt den Fischmarkt, wie er in den Fünfzigern gesehen wurde: Fische fliegen durch die Gegend, Karnickel kauen in die Kamera, dicke Damen feilschen um Bananen, Bierbäuche und Frauenpos wackeln demonstrativ vor dem Objektiv...

Film und Frühstück gibt's nach der Sommerpause jeden dritten Sonntag im Monat. Das nächste Mal, am 21. September, werden historische Filme über den Hafen gezeigt. Katja Fiedler

B-Movie, Brigittenstraße 5

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