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Mit lila Kühen gegen Job-Verlust

■ 1.000 MitarbeiterInnen von Kraft Jacobs Suchard machten Protestzug zu Werbeaktion / Europazentrale entschied, die Kaffee-Forschung von Bremen nach England zu verlegen

„Kaufen Sie die Krönung und Milka-Schokolade“. Der Mann mit dem Megaphon kann auch bei der Demonstration seine Herkunft als Außendienst-Mitarbeiter des Nahrungsmittelkonzerns Kraft Jacobs Suchard (KJS) nicht verleugnen. „Damit sichern Sie Arbeitsplätze in Deutschland“.

Es war ein eigenartiger Protestzug, der sich gestern nachmittag behängt mit lila Papp-Kühen hinter den roten Fahnen der Gewerkschaft Nahrung Genuß Gaststätten (NGG) durch die Bremer Innenstadt bewegte: Die Demo von gut 1.000 der 1.500 Bremer KJS-Mitarbeiter gegen den weiteren Abbau von Arbeitsplätzen geriet zur Werbeaktion. Die NGG hatte Schokolade und Kaffeebeutelchen gekauft, um sie unters Volk bringen zu lassen.

Es war die erste KJS-Protestaktion, obwohl der Konzern in Deutschland seit 1994 (Fusion von Kraft mit Jacobs Suchard) knapp 2.000 Jobs gestrichen hat und heute nur noch 4.300 Menschen beschäftigt. Seit der amerikanische Genußmittel-Multi Philip Morris bei KJS das Sagen habe, stehe nur noch der „Shareholder Value“, der Profit der Aktionäre, im Mittelpunkt, klagen Gewerkschafter. In Bremen sank die Zahl der Mitarbeiter im vergangenen Jahr um 180. „Jetzt muß aber Schluß sein mit dieser Strategie“, fordern die Betriebsräte. Schließlich sei KJS (Gewinn 1996 in Deutschland: 210 Mio. Mark) kein notleidender Konzern.

Der Tropfen, der die braven Angestellten an allen vier Standorten im Bundesgebiet zuerst um fünf vor zwölf zu Betriebsversammlungen und danach auf die Straße trieb, ist die angekündigte Verlegung der Kaffee-Forschung von Bremen-Hemelingen nach England. „Eine strategische Grundsatzentscheidung von oben“, sagt KJS-Deutschland-Chef Bernhard Huber. Oben, das ist die europäische Konzernzentrale in Zürich. Dabei seien nicht nur die Kosten ausschlaggebend gewesen, sondern auch die Qualität der Forschung, die besser sei, wenn alle Forscher unter einem Dach zusammensäßen.

Man habe sich um den Zuschlag für Bremen bemüht, sagte Huber. Ein entscheidendes Gegenargument sei aber neben den höheren Kosten die fehlende internationale Schule für die Kinder ausländischer Spitzenkräfte.

„Jetzt wollen die in England neue Kaffeesorten erforschen“, sagt einer der betroffenen 60 KollegInnen, „in einem Land, in dem Leute nur Löskaffee trinken“. Zehn MitarbeiterInnen könnten mit nach England, zehn weitere könnten zur Schokoladen-Forschung nach München wechseln, so Personalvorstand Reinhard Lüllmann. „Ich kann aus privaten Gründen nicht umziehen“, sagt eine Frau. Sie muß mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen.

Besonders wurmt die Belegschaftsvertreter, daß die europäische Zentrale die Entscheidung über die Kaffee-Forschung im geheimen getroffen habe, ohne den Mitarbeitern die Chance zu geben, sich dem europäischen Wettbewerb zu stellen. Dabei sei man durchaus bereit, über Flexibilisierungen und auch über Sozialleistungen zu verhandeln, um im Vergleich mit den 60 europäischen KJS-Standorten gut abzuschneiden, sagte Gesamtbetriebsrat Helmut Rehner.

Falls es zu weiterem Abbau von Jobs komme, stehe allerdings ein „heißer Herbst“bevor, drohte ein Gewerkschafter. „Es steht nichts an im Moment“, versicherte Deutschland-Chef Huber. Im Röstkaffee-Bereich könnten in Bremen sogar neue Kapazitäten entstehen. jof

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