: Tenniswespen wildern im Biotop
■ Das Düppeler Feld soll einer Tennisanlage weichen. Umweltschützer: Vernichtung eines unersetzlichen Biotops
Heuschrecken zirpen, einige Hunde streunen durch das meterhohe Gras. Noch liegt das drei Hektar große Düppeler Feld in Zehlendorf friedlich da. Doch bald könnte es vorbei sein mit der Idylle. Der Sportverein „Zehlendorfer Wespen“ plant hier den Bau von insgesamt 13 Tennisplätzen, eines Hockeyfeldes, einer Tennishalle sowie eines zweigeschossigen Vereinshauses inklusive Schwimmbad. Stimmen die Zehlendorfer Bezirksverordneten dem Vorhaben zu, werden nächstes Jahr Bagger das Biotop pflügen.
Den Kauf des Düppeler Feldes von der Stadt betreibt der Zehlendorfer Hockey- und Tennisclub, der bislang am Mexiko-Platz sitzt, seit zehn Jahren. Der 1.100 Mitglieder zählende Club läßt seinen Hockeynachwuchs bislang auf städtischen Plätzen trainieren. Dadurch, so beklagt sich Wespen-Chef Wolfgang Görlich, komme kein richtiges Vereinsleben in Gang: „Jetzt gehen die Mütter nach den Spielen wieder auseinander. Wenn wir Hockey und Tennis zusammenlegen, können sie nach den Spielen in der neuen Anlage schwimmen gehen.“ Das Zusammenlegen von Hockey- und Tennisplätzen fördere die „Integration im Verein“.
Was der Immobilienunternehmer als Sieg für die Clubgeselligkeit feiert, kritisieren Umweltschützer als das Ende eines außergewöhnlichen Biotops. „Der Lebensraum seltener Tiere wird leichtfertig für einen elitären Verein zerstört“, beklagt der Geologe Andreas Küppers von der Düppel- Initiative. Neben Fledermäusen, Heuschrecken, Wespen und Fliegen leben hier noch einige vom Aussterben bedrohte Arten, die auf der roten Liste stehen. Auch das nicht weit entfernt liegende Landschaftsschutzgebiet sieht Küppers durch die geplanten Baumaßnahmen in Gefahr. Viele Arten könnten dann nicht mehr wandern, ihnen würde die Ernährungsgrundlage entzogen. Ein vom Bezirk in Auftrag gegebenes Landschaftsgutachten dokumentiert: „Besonders wertvolle Biotope der Brachflächen“ gehen verloren.
Noch ist beim Gerangel um das Düppeler Feld nichts entschieden. Die Bebauungspläne lagen bis Ende vergangenen Monats aus. Insgesamt 3.000 Einwendungen sind jetzt zu prüfen. Im September soll die Bezirksverordnetenversammlung entscheiden. Mit Ausnahme der Wählergemeinschaft Unabhängiger Bürger (WUB), die den Verkauf als „indirekte Subventionierung aus Steuergeldern“ kritisiert und die Versiegelung der letzten Freiflächen beklagt, befürworten die anderen Parteien den Umzug. Selbst die Bündnisgrünen geben sich zahm und halten Sportförderung für wichtiger als Umweltschutz. Sie gehen davon aus, daß das Vereinsgelände auch von Schulklassen nutzbar sei. Vereinschef Görlicher hingegen reklamierte die Anlage gegenüber der taz „ausschließlich für Clubmitglieder“.
Für den seit geraumer Zeit schrumpfenden Club wird der Umzug ein gutes Geschäft. Der Verein erwartet 14,5 Millionen Mark für sein jetziges Clubareal; für die neuen Plätze im Grünen muß er nur 2,4 Millionen Mark (rund 85 Mark je Quadratmeter) zahlen. Ein Großteil des Erlöses geht in die neue Anlage. Zehn Prozent will der Tennisclub sich als Rücklage gutschreiben: rund 1,5 Millionen Mark. Bürgermeister Klaus Eichstädt (CDU) weist den Vorwurf der Verschleuderung des Grundstückes weit von sich. Das Sportgelände werde zu üblichen Preisen verkauft. Stefan Bundscherer vom BUND findet es „unverfroren, wie Politiker als verlängerter Arm von Hockeyfunktionären wertvollstes Naturerbe verschachern wollen“. Gudula Hörr
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