: „Uneheliche Väter sind arme Schweine“
■ Ein Vater aus Düsseldorf kämpft seit Jahren darum, seine Tochter sehen zu dürfen. Das zuständige Jugendamt gerät in die Kritik, weil es auf der Seite der Mutter steht
Georg Nassos sehnt sich nach seiner knapp vierjährigen Tochter. Von Woche zu Woche hofft er darauf, den abgebrochenen Kontakt zu ihr wiederaufnehmen zu können. Seine ehemalige Freundin aber verweigert ihm, das gemeinsame Kind zu sehen. Dabei erscheint die Lage aus der Sicht des 50jährigen Malers und Bildhauers einfach: „Ich liebe meine Tochter, meine Tochter liebt mich. Wir brauchen uns.“
Daß Väter oftmals Schwierigkeiten haben, ihre Kinder zu sehen, weiß auch Susanne Kirchner- Gabrisch vom Düsseldorfer Verein „DIALOG zum Wohle des Kindes“. Der Verein bietet getrennt lebenden Eltern – zumeist Vätern – Hilfen im Umgang mit Behörden und den Expartnerinnen an, um zu außergerichtlichen Vereinbarungen über den Umgang mit den gemeinsamen Kindern zu kommen. Je schneller die Eltern nach der Trennung in der Lage seien, zwischen Paar- und Elternebene zu unterscheiden, um so leichter, so die Therapeutin, „fallen einvernehmliche Lösungen zum Wohle des Kindes“. In manchen Jugendämtern seien Mitarbeiter allerdings in einer „hirnrissigen Weise“ am Werke, daß „Trennungswaisen geradezu bewußt gemacht werden“.
Georg Nassos ist ein solcher Fall. Seine Vorschläge zum Umgang mit seiner Tochter seien vom Jugendamt in Düsseldorf-Eller „rigoros zum Schaden des Kindes abgeblockt“ worden. Alfons Breuer– Kolo, Vorsitzender des Vereins „DIALOG“ sagt: „In Düsseldorf verbirgt sich in den uns bekannten Bezirken hinter dem Namen Jugendamt in Wirklichkeit ein Mütteramt.“ Während in anderen Städten durch Beratung auf getrennt lebende Paare im Sinne einer „verantwortungsbewußten Elternsorge“ mit „großem Erfolg“ eingewirkt werde, verfahre man in Düsseldorf nach dem Muster, „daß die Kinder im Trennungsfall angeblich zu den Müttern gehören und daß die Väter das gefälligst zu akzeptieren haben. Wer die Rechte des Kindes einfordert, ist ein Störer“.
Ein Vorwurf, den Jugendamtsleiter Richard Isselhorst zurückweist: „Auch wir sind grundsätzlich der Auffassung, daß es dem Kind förderlich ist, wenn es Umgang mit Vater und Mutter hat, aber wir sind nicht anordnungsbefugt, wenn sich ein Elternteil weigert.“ Ein Einwand, den Breuer- Kolo nicht gelten läßt. In Düsseldorf tue man gerade so, als sei gegen eine das Sorgerecht innehabende „Kindesmutter, die nicht will“, nichts zu machen. Den Jugendämtern sei keineswegs die Hände gebunden.
Wenn der sorgeberechtigte Elternteil den Kontakt des Kindes zum anderen Elternteil verhindere, sei es die Pflicht des Jugendamts von Amts wegen das Gericht im Interesse des Kindes anzurufen. Bei Georg Nassos handle es sich um einen „verantwortungsbewußten, treusorgenden Vater“. Das Jugendamt nehme durch die „einseitige Parteinahme“ zugunsten der Mutter die vom Kinder- und Jugendschutzgesetz verlangte „Wächterrolle“ zum Wohle des Kindes nicht wahr.
Tatsächlich zeigen eine Reihe von Gerichtsurteilen, daß das Jugendamt durchaus über Spielräume verfügt. So hat das Bezirksgericht Erfurt auf Antrag des Jugendamtes einem alleinsorgeberechtigten Vater, der jeglichen Kontakt seines Sohnes zu dessen Mutter zu unterbinden suchte, das Aufenthaltsbestimmungsrecht über das gemeinsame Kind entzogen und einem Vormund übertragen. „Manchmal“, so die an der Seite von Nassos streitende Therapeutin Kirchner Grabisch, „reicht schon ein bißchen Druck seitens des Jugendamtes auf den sorgeberechtigten Elternteil, um den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil hinzukriegen.“
Georg Nassos kämpft seit drei Jahren um seine Tochter. Nichts hat er unversucht gelassen, um die Kontaktsperre zu durchbrechen. Presse, Petitionsausschuß, Kinderbeauftragter, nichts half. Sein Fazit: „Uneheliche Väter sind arme Schweine.“
Unterdessen beschäftigt der Fall auch das Düsseldorfer Vormundschaftsgericht, angerufen vom „Verein zum Wohle des Kindes“ – im Auftrag von Nassos. Glaubt man dem Kinderbeauftragten der Düsseldorfer Landesregierung, Doktor Eichholz, stehen die Chancen schlecht. Nach Gesprächen mit der Großmutter des Kindes sehe er „keine Anhaltspunkte“, auf eine Verbesserung des Kontaktes zwischen Vater und Kind hinzuwirken, schrieb Eichholz dem Vater.
Die Partnerschaftsprobleme zwischen den Eltern hätten offenbar „so tiefgreifende Verletzungen hinterlassen“, daß seitens der Mutter und ihrer Familie „für einen Umgangskontakt im Augenblick keine Möglichkeiten gesehen werden“. Und dann folgte vom ehemaligen Richter Eichholz auch noch eine auf Nassos bezogene rechtliche Einschätzung: „Einer juristischen Auseinandersetzung gebe ich keine Chance.“
Doch so ganz hoffnungslos ist die Lage für Nassos nicht. Immer häufiger springen Gerichte in jüngster Zeit auch Vätern unehelich geborener Kinder im Streit um Umgangsrechte bei. Im vergangenen Jahr sprach das Landgericht Waldshut gegen den Willen der Mutter dem Vater eines zweieinhalbjährigen Sohnes das Umgangsrecht zu, weil es für die Entwicklung des Kindes „von großer Bedeutung ist, unvoreingenommen auf seinen Vater ... zuzugehen und durch den persönlichen Umgang sich ein eigenens Bild machen zu können.“ Daß die Mutter nach der gescheiterten Beziehung zum Kindesvater „diesen aus ihrem Leben streichen“ wolle, sei „unerheblich“ und gebe ihr „keinerlei Recht“ über das gemeinsame Kind „nach Gutdünken zu verfügen“, so die Entscheidung des Gerichts.
Hoffnung für Nassos gibt auch ein Urteil des Osnabrücker Amtsgerichtes vom Januar. Darin wird dem nichtverheirateten Vater eines Jungen gegen den Willen der Mutter zum „Wohle des Kindes“ ein intensives Umgangsrecht gewährt. Entscheidend sei nicht die Frage, „welche Beziehungen die auseinandergegangenen Eltern zueinander haben“, meinte das Gericht, vielmehr gehe es ausschließlich darum, „ob die persönliche Beziehung des Kindes zu dem Vater für das Kindeswohl und damit für dessen gedeihliche Entwicklung notwendig ist“. Walter Jakobs
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