: Verschmitzte Selbstjustiz in Treptow
■ Stadtrat ließ trotz Baustopps Straße asphaltieren. Grüne wollen Disziplinarverfahren, Bürgermeister stützt Stadtrat
Im Streit um den Ausbau der Südostallee hat der Treptower Baustadtrat Dieter Schmitz (SPD) zur Selbstjustiz gegriffen. Trotz eines Baustopps der Umweltverwaltung ließ er Mitte Juli etwa 300 Meter der umstrittenen Straße einfach asphaltieren. Während Schmitz den Alleingang mit der „Einhaltung gültiger Gesetze und Rechtsverordnungen“ begründet, sucht die Umweltverwaltung nach einer Handhabe gegen den rebellischen Bezirkspolitiker. Die grüne Abgeordente Claudia Hämmerling hat Schmitz „Rechtsbruch“ vorgeworfen und fordert nun disziplinarische Maßnahmen gegen ihn.
Bezirk und Umweltverwaltung liegen sich seit langem wegen der Straße in den Haaren. Der Bezirk möchte die Südostallee vierspurig ausbauen, um den Bezirk vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Die Umweltverwaltung dagegen fürchtet um das Trinkwasserschutzgebiet direkt neben der Straße. Deshalb hatte sie 1996 einen Baustopp verfügt. Begründung: Es gebe keinen ersichtlichen Grund für eine Ausnahmeregelung, und die Technik des Straßenbaus genüge nicht den wasserschutzrechtlichen Anforderungen.
Das kümmerte Schmitz ebensowenig wie der offizielle Baustopp. Am 27. Juni schrieb er an die Baufirma, der Baustopp sei aufgehoben und ein potentielles Zwangsgeld gegen die Firma werde „unter Einschaltung des Rechtswegs vom Bezirksamt übernommen“. Die Bagger rollten, und Schmitz erklärte, der „Knoten konnte nur unbürokratisch gelöst werden“, weil es über einen unakzeptablen Kompromiß des Senats hinaus „keine weitere Gesprächsbereitschaft“ gegeben habe. Zwar habe er „formal ohne die Genehmigung des Senats Tatsachen geschaffen“, doch er habe nur die „demokratisch entstandenen Beschlüsse“ des Bezirksamts umgesetzt.
Die Umweltverwaltung wollte gestern zum weiteren Vorgehen keinen Kommentar abgeben. Der Baustopp bestehe weiterhin, hieß es, doch die Hauptverwaltung kann gegen einen Bezirk nicht klagen. Hämmerling kritisierte die „Arroganz“ von Schmitz, der nun persönlich für die Kosten etwa bei der unsachgemäß gebauten Straße aufkommen solle. Immerhin habe er durch seine Eigenmächtigkeit gegen das „Allgemeine Zuständigkeitsgesetz“ (AZG) und durch sein Übernahmeangebot an die Firma gegen die Haushaltsordnung verstoßen.
Treptows Bürgermeister Michael Brückner (SPD) will trotzdem keine disziplinarischen Maßnahmen einleiten: „Jeder Stadtrat ist für sein Ressort selbst verantwortlich.“ Das Rechtsamt des Bezirks dagegen will sich zur Rechtmäßigkeit von Schmitz' Vorgehen lieber nicht äußern.
Selbstjustiz ist im Treptower Straßenkampf nichts Neues: Bereits Ende 1996 waren vom Bezirk ohne Genehmigung entlang der Straße auf 350 Metern Bäume und Büsche gerodet worden. Unbekannte Täter versetzten außerdem heimlich die Begrenzungsschilder für das Wasserschutzgebiet nach hinten. Bernhard Pötter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen