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Frauenhandel in der Pizzeria

■ Die Tricks von Frauenhändlern werden immer böser. SPD-Politikerin fordert die Beschlagnahme ihrer Gewinne

Berlin (taz) – Die Frauenimportrate steigt. 1.572 aktenkundig gewordene Opfer von Frauenhandel zählte das Bundeskriminalamt (BKA) im vergangenen Jahr, die Dunkelziffer dürfte beträchtlich höher liegen. Gestern forderte die SPD-Europaabgeordnete Karin Junker die Beschlagnahme von Gewinnen aus Frauenhandel.

38,7 Prozent der Frauen kommen nach den BKA-Zahlen aus der früheren Sowjetunion, 18,3 Prozent aus Polen und 12,5 Prozent aus Tschechien und der Slowakei. Vor zehn, zwanzig Jahren waren es vor allem Frauen aus Südamerika, Thailand und den Philippinen, die die Menschenhändler nach Europa schleppten. Heute haben sie sich auf Osteuropäerinnen spezialisiert, weil keine teuren Flüge oder schwer zu erhaltende Visa erforderlich sind.

Die Methoden, ahnungslose Frauen hierher zu locken, werden immer raffinierter, so Karin Junker. Viele fielen auf fingierte Zeitungsannoncen herein, in denen Kindermädchen oder Fotomodelle gesucht werden („bitte mit Bild“). Manchmal würde ein „touristisches Programm“ für ganze „Reisegruppen“ zusammengestellt. Bei Überprüfung erwiesen sich diese „Reisebüros“ dann als bloße Briefkopfadresse oder Anschrift einer Pizzeria.

Unter den Tätern sind laut BKA über 60 Prozent Ausländer, vor allem aus der Türkei (13,8 Prozent), den GUS-Staaten (11,3 Prozent) und Polen (6,1 Prozent). Dennoch hält die Vorsitzende der sozialdemokratischen Frauen in Deutschland und Europa nichts von Gerhard Schröders Vorschlag, straffällig gewordene Ausländer schneller abzuschieben. Damit könnten Verdächtige der Strafverfolgung entgehen. Vieles spreche dafür, sie in Deutschland zu verurteilen und erst nach verbüßter Haft abzuschieben.

Die Strafverfolgung bleibe oft aber auch ergebnislos, weil die Opfer kein Aufenthaltsrecht haben und schnell abgeschoben werden. Nur 1,8 Prozent aller Betroffenen werden laut Junker in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen. usche

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