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Sparen mit Zahlenspiel

■ Manipulationen um Jugendhilfegelder im Wedding bedrohen Kinderhof

Für die Kinder- und Jugendarbeit will der Weddinger Finanzstadtrat Horst-Dieter Havlicek (CDU) so wenig Geld wie möglich ausgeben. Dabei scheint jedes Mittel recht: Sogar die Manipulation von Zahlen.

Es geht um rund 75 Millionen Mark, die Havlicek den Jugendlichen seines Bezirks nach Ansicht von Betroffenen nicht zukommen lassen will. Laut Senatsbeschluß stehen dem Bezirk 114 Millionen Mark für die Jugendhilfe zur Verfügung. Doch nach Angaben des Finanzstadtrats soll es sich dabei nur um 39 Millionen Mark handeln. Warum der CDU-Politiker bei seinen Berechnungen um 75 Millionen Mark unter den Zahlen des Senatsbeschlusses liegt, ist für den Projektleiter vom Kinderbauernhof sonnenklar: „Von den Jugenhilfegeldern müssen laut Bundesgesetz mindestens 10 Prozent für die Jugendarbeit bereitgestellt werden“, sagt Siegfried Kühbauer. „Je geringer Havlicek aber die Summe der Jugendhilfe angibt, umso weniger Geld muß er für Kinder- und Jugenarbeit ausgeben“, so die Überzeugung des Projektleiters.

Die „rechnerische Manipulation“ des Finanzstadtrats mache die noch bestehenden acht Jugendeinrichtungen in freier Trägerschaft „kaputt“, befürchtet Kühbauer. Dieses Jahr habe schon ein Jugendladen schließen müssen. Und auch die seit 1983 bestehende Kinderfarm an der Luxemburger Straße mit jährlich rund 22.000 Besuchern stehe jetzt „kurz vor dem Konkurs“.

Mit einer Klage beim Verwaltungsgericht und einem Schreiben an den Petitionsausschuß des Abgeordnetenhauses will Kühbauer die Haushaltsangaben von Havlicek überprüfen lassen. Dieser warf unterdessen den Betreibern des Kinderhofes vor, daß sie „ihre Finanzen nicht offenlegen“ würden. Ansonsten scheint Havlicek auf die langsamen Mühlen der Justiz zu setzen: „Das Gericht kann entscheiden, was es will, wenn es den Kläger nicht mehr gibt“, soll er auf einer Bezirksverordnetenversammlung verkündet haben. Karen König

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