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BSE-Bann durch illegales Fleisch durchbrochen

■ Augsburger Händler lieferte 2,7 Tonnen Würste mit britischem Rindfleisch aus. Mindestens 660 Tonnen wurden in Deutschland umgeschlagen – Ziel unbekannt

Wiesbaden/Hamburg (rtr/ AFP) – Ein Teil des möglicherweise illegal aus Großbritannien importierten Rindfleischs ist in Frankfurt wahrscheinlich in den Lebensmittelhandel gelangt. Das hessische Sozialministerium teilte am Donnerstag mit, aus drei Lieferrechnungen gehe hervor, daß eine Augsburger Firma Rindswürste an einen Frankfurter Fleischhändler geliefert habe. Die Rechnungen stammten vom 30. Juni sowie vom 2. und 11. Juli. Deshalb sind die rund 2,7 Tonnen Würste wohl bereits verkauft.

„Ich nehme an, das ist weitgehend gegessen, im Wortsinn“, sagte der für Lebensmittelkontrolle im Ministerium zuständige Klaus Rückel. Die Fleischfirma Meier in Augsburg ist mittlerweile in Konkurs gegangen. Von dem Frankfurter Fleischhändler würden überwiegend türkische Lebensmittelgeschäfte beliefert.

Der Exportbann für britisches Rindfleisch und Rinderprodukte wurde am 27. März 1996 verhängt. Bis dahin waren über Jahre hinweg Tausende von Rindern auf der Insel an der gehirnzersetzenden Seuche BSE verreckt. Erste wissenschaftliche Arbeiten ergaben einen Zusammenhang zwischen BSE bei Rindern und einer neuen Form des Creutzfeldt-Jakob-Syndroms, der entsprechenden Krankheit beim Menschen. Nach Ansicht des Robert-Koch-Instituts in Berlin fehlt inzwischen nur noch der formale Nachweis für einen Zusammenhang zwischen dem Rinderwahnsinn und dieser Krankheit beim Menschen. Selbst Forscher in Großbritannien gingen mittlerweile davon aus, daß BSE auf den Menschen übertragbar sei.

Im Juli 1997 bestätigten Inspektionen im Auftrag der EU-Kommission, daß das Exportverot für britisches Rindfleisch nicht eingehalten wird. Insgesamt sollen rund 1.600 Tonnen illegal ausgeführt worden sein. Auf der Insel Rügen wurde britisches Rindfleisch in verplombten Behältern sichergestellt, das offenbar für Rußland bestimmt war. Am 24. Juli stellten die Behörden in Nordrhein-Westfalen bei drei Firmen rund 33 Tonnen BSE-verdächtiges Fleisch sicher, das zum Teil schon zu Wurst verarbeitet war. In den Handel ist nach offiziellen Angaben nichts gelangt.

Letzte Woche beschlagnahmten Hamburger Zollfahnder Fleisch, das wahrscheinlich aus Großbritannien und Nordirland stammt. Insgesamt sollen rund 616 Tonnen illegal exportiert worden sein, davon 440 Tonnen nach Osteuropa. 116 Tonnen wurden den Angaben zufolge zunächst in Bochum zwischengelagert und dann in den Monaten April bis Juni an Firmen in Sachsen, Niedersachsen und Bayern weiterverkauft. Es ist noch unklar, wo schließlich die fertigen Produkte landeten.

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