: Scheingeschäfte im Schweizer Steuerparadies
■ Filmhändler Leo Kirch soll dem Fiskus 400 Millionen Mark vorenthalten haben
Zürich (dpa) – Gegen den Münchner Medienunternehmer Leo Kirch wird nach einem Bericht der in Zürich erscheinenden SonntagsZeitung wegen des Verdachts auf Steuerbetrug auch in der Schweiz ermittelt. Kirch werde vorgeworfen, über seinen Schweizer Geschäftsfreund Otto Beisheim 400 Millionen Mark Steuern am Fiskus vorbeigeschleust zu haben.
Beisheim ist Gründer und Mitbesitzer der Metro-Holding, des mit Abstand größten Konzerns seiner Sparte (Handel und Dienstleistungen) in Europa.
Nach Angaben der SonntagsZeitung wurden bei einer geheimgehaltenen Polizeiaktion am vergangenen Mittwoch im Zusammenhang mit dem vermuteten Steuerbetrug zwölf Geschäftssitze und Privatwohnungen in der Schweiz durchsucht. Im Mittelpunkt habe dabei die MH Medien- Handels AG in Baar gestanden, die Beisheim gehört. Die Fahnder hätten Dokumente gesucht, die eine Beteiligung Kirchs an diesem Unternehmen belegen könnten.
Die Razzia wurde den Angaben zufolge von der Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich auf Antrag der Münchner Staatsanwaltschaft geleitet, die in dem Fall bereits seit eineinhalb Jahren ermittelt. Der zuständige Bezirksanwalt Dieter Jann sagte der Zeitung, es gehe um Transaktionen in einer Gesamthöhe von zwei Milliarden Mark.
Der Verdacht gegen Kirch bezieht sich auf Scheingeschäfte und illegale Gewinnverschiebungen im Steuerparadies Kanton Zug. Auslöser der Ermittlungen ist ein Handel mit Filmrechten aus dem Jahr 1990. Damals kaufte Beisheims MH Medien-Handels AG für 500 Millionen Mark 2.500 Spielfilme von Kirch. Wenige Monate später wurden die Rechte von den deutschen Privatsendern Sat.1 und Pro7 zurückgekauft – angeblich für 1,6 Milliarden Mark. Die Sender werden von Leo Kirch (Sat.1) beziehungsweise seinem Sohn Thomas Kirch (Pro7) beherrscht. Während der gesamten Transaktionen sollen die 2.500 Filmrollen unberührt in einer Lagerhalle bei München geblieben sein.
Die deutschen Justizbehörden hatten bereits im März 1996 in dieser Sache den Firmensitz der Kirch-Gruppe durchsucht.
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