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Freude und Erfüllung des Theo Waigel

Der CSU-Vorsitzende wird aus der eigenen Partei angeschossen – vorerst aber noch aus der sicheren Deckung eines anonymen Interviews. Neuer CSU-Favorit ist Horst Seehofer  ■ Aus München Felix Berth

Theo Waigel sagt nichts mehr. Die Forderung nach einer Kabinettsumbildung hat der Kanzler abgebügelt, die Unterstützung aus der eigenen Partei war nur mäßig, und lediglich der Bayernkurier dieselt noch ein bißchen nach: Eine Kabinettsumbildung müsse jetzt ein „Signal optimistischen Aufbruchs“ werden, schreibt Chefredakteur Wilfried Scharnagl in der heutigen Ausgabe. Ansonsten hat sich's ausgefordert, so scheint es.

Also schweigt Theo Waigel. Und muß dabei zusehen, wie sich das Thema Kabinettsumbildung in eine Richtung entwickelt, an die er vermutlich nicht gedacht hatte. Offensichtlich sind Teile seiner Partei überzeugt, daß eine Kabinettsumbildung in Bonn vor allem einen Zweck haben sollte: Waigel loszuwerden; fort mit ihm aus dem Kabinett und möglichst auch fort vom Posten des CSU-Chefs.

So ließen sich gestern zwei – anonym bleibende – CSU-Vorstandsmitglieder in einem Interview der Süddeutschen Zeitung über ihren Vorsitzenden aus: Die Bonner CSU- Minister näherten sich „auf der Beliebtheitsskala den Werten von Gregor Gysi“. Waigel habe sich in den letzten Tagen „enorm geschadet“, und die bayerische Landtagswahl 1998, die zwei Wochen vor der Bundestagswahl stattfindet, müsse man „zu einer Stoiber-Wahl machen“, sonst habe man keine Chance.

Die offiziellen Dementis folgten sofort: „Abenteuerlich“, erklärte der CSU-Generalsekretär Bernd Protzner, „haarsträubender Unsinn“, fand sein CDU-Kollege Peter Hintze. Selbst Ministerpräsident Edmund Stoiber ließ aus seinem Sommerurlaub verlauten, dieses „Geraune“ müsse aufhören.

Daß die Reaktionen prompt und heftig ausfielen, erklärt sich wohl auch mit einer Perfidie, die in den Sätzen der CSU-Vorstandsmitglieder verborgen ist. Denn einer der beiden präsentiert nicht nur ein ausgefeiltes Szenario, wie man Theo Waigel am besten loswerden könnte – indem man nämlich den Bonner Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) zu seinem Nachfolger als Parteichef und zum Finanzminister küre. Daneben gibt sich dieser CSU-Mann keine Mühe, über Waigels Zukunft nachzudenken – ganz so, als müßte man ihn schnellstmöglich ausmustern und bräuchte sich um seine politische Perspektive (etwa als Außenminister) nicht zu kümmern.

Gut möglich, daß die Ausmusterung Waigels mit solchen Attacken aus dem Hintergrund in den nächsten Wochen gelingt. Zwar hat er noch im Frühjahr versprochen, daß er beim CSU-Parteitag im November als Parteichef wieder zur Wahl steht. Doch welches Ergebnis ihm die Delegierten dabei verpassen, kann sich der CSU-Vorsitzende schon heute ausrechnen: Ein miserables.

Zwar dürfte es, wie in der CSU üblich, keinen Gegenkandidaten geben. Doch die CSU-Funktionäre, die das Gezerre der letzten Tage miterlebt haben, werden wohl einfach mit Nein-Stimmen oder mit Enthaltungen ihren Unmut artikulieren, so daß in der CSU schon von weniger als 70 Prozent Zustimmung für Waigel ausgegangen wird. Denkbar, daß Waigel in dieser Situation den Weg für einen anderen CSU-Vorsitzenden freimacht – natürlich möglichst nicht für den Parteifeind Edmund Stoiber.

Sollte Waigel bis November durchhalten, könnte er sich zur Erbauung den heutigen Bayernkurier über den Schreibtisch hängen. Dort erkennt Wilfried Scharnagl, daß Waigel seine mit Begeisterung macht: „Freude und Erbauung“ brächten ihm die Ämter, schreibt Scharnagl. Der muß es ja wissen.

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