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Erfolgsstory in Gefahr

■ Ende September wird das EU-Urteil zur NRW-Frauenförderung erwartet

Bonn (taz) – Nordrhein-Westfalens kampferprobte Frauenministerin ist der juristischen Scheingefechte überdrüssig. „Ich habe keine Lust mehr, rechtlich zugunsten der Frauenquote zu argumentieren“, erklärte Ilse Ridder-Melchers Mittwoch abend im Bonner Frauenmuseum. Sie forderte statt dessen dazu auf, den Spieß umzudrehen: „Die Frage muß lauten: Mit welchem Recht gilt eigentlich bei uns noch immer die heimliche Männerquote von 70 Prozent?“

Eigentlich war die Frauenministerin zur Vorstellung des Buches „Greift die Quote?“, herausgegeben vom SPD-Präsidiumsmitglied Inge Wettig-Danielmeier, in die Nochhauptstadt gekommen. Doch das im Buch nachzulesende Votum für eine konsequente Frauenförderung wurde von der Diskussion über das noch ausstehende Urteil des Europäischen Gerichtshofes überschattet.

Das Gericht in Den Haag will voraussichtlich in der zweiten Septemberhälfte darüber entscheiden, ob das seit 1989 für den öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen geltende Frauenförderungsgesetz Rechtens ist. Gegen das Gesetz hatte ein Lehrer geklagt, der sich 1994 um eine Beförderung an der Schwerter Gesamtschule beworben hatte und mit Hinweis auf das Frauenförderungsgesetz abgelehnt worden war.

„Wenn die Männer sich jetzt benachteiligt fühlen, wissen wir, daß wir den richtigen Weg eingeschlagen haben“, erklärte Ridder-Melchers. Es sei ganz natürlich, daß die Männer ihre Privilegien verteidigten, schließlich gäbe es keine gesellschaftliche Gruppe, die ihre Errungenschaften kampflos aufgäbe. Sowohl Ridder-Melchers als auch Wettig-Danielmeier bedauerten die Tatsache, daß viele Frauen der Quote nach wie vor skeptisch gegenüberstünden. Das Buch, in dem auch Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth zu dem Schluß kommt, „ohne Quote geht es nicht“, sei eine Warnung vor gesellschaftlichen Rückschritten.

Beide SPD-Politikerinnen befürchten, daß das Urteil aus Den Haag negativ ausfallen könnte, denn der Gerichtshof hatte bereits im Oktober 1995 das – schärfere – Bremer Landesgleichstellungsgesetz für europawidrig erklärt. Trotz aller Schwierigkeiten gab sich die NRW-Frauenministerin optimistisch. „Die Quote ist eine echte Erfolgsstory“, ermunterte sie die Zuhörerinnen, denn Männer hatten sich nicht zu der Diskussion im Frauenmuseum eingefunden. Sollte das Gericht in Den Haag gegen die Quote entscheiden, werde es Mittel und Wege geben, das Urteil durch neue gesetzgeberische Initiativen abzumildern. Astrid Prange

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