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■ Multikulti-PresseZweite Generation

„Als Kind, das in den Siebzigern aufwuchs, war die Fahne für mich ein Markenzeichen der Skinheads“, schrieb 2nd Generation-Herausgeber Imran Khan im Editorial des englischen Szenemagazins. Aber: „Als 2nd Generation gegründet wurde, entschieden wir uns, die Fahne als Zeichen unseres Stolzes zu benutzen. Brite zu sein. Für uns ist das kein Fashion-Statement, sondern eine Aussage mit Bedeutung.“ Ein paar Monate später, in seiner kleinen Wohnung im Einwandererbezirk Brixton, die gleichzeitig als Redaktionszentrale dient, legt der 26jährige Jungverleger seinen Standpunkt zum Union Jack noch einmal dar: „Ich bin stolz, ein britischer Asiate zu sein. Aber ich meine natürlich nicht diese fähnchenschwingende Klein- England-Mentalität. Für mich ist England Southall und Brick Lane“ – die Zentren der indischen Minorität in London.

Doch Imran Khan betont zugleich: „Wir sind keine Zeitschrift für die asiatische community.“ Kein kleines Indien, sondern ein größeres England möchte 2nd Generation reflektieren. So finden sich neben Berichten über angloasiatische Musiker wie Fun-Da- Mental, Joi oder natürlich Talvin Singh auch Artikel zu The Prodigy, DJ Cam oder A Guy called Gerald. Die Idee war, dem bisherigen Mangel an musikalischen Identifikationsfiguren und Role-Models, besonders für indische Jugendliche, abzuhelfen. „Schwarze Musik wurde schon immer als ziemlich cool angesehen, während asiatische Musik das nie war. Deswegen bekommen die angloasiatischen Bands nur bei uns ein solches Forum“, so Imran Khan. Die Modedesignerin Geeta Patel wird in dem zweimonatlich erscheinenden Magazin ebenso porträtiert wie der „original cross-cultural groovemeister“ Trilok Gurtu, daneben finden sich Kurzgeschichten, politische Essays und Aufsätze, die der Frage nachgehen, warum man beim Crickett eigentlich für Pakistan schwärmt und nicht für England. Den meisten Raum nehmen jedoch die Modeseiten ein, natürlich mit multiethnischen Models und Fotos, die auch mal provokant ein indisches Mädchen in Skinhead-Tracht zeigen.

„Ich habe schwarze Freunde, gehe in Drum'n'Bass-Läden und höre zu Hause klassische indische Musik“, stellt Imran Khan fest, aber: „Keine Zeitschrift reflektiert wirklich dieses Durcheinanderwerfen der Kulturen.“ Als Vorbilder dienten ihm schwarze Style- Magazine wie Pride und The Voice. „Mode und Musik sind die einfachsten Wege, um an junge Leuten heranzukommen. Aber wir schreiben Politik nicht mit einem großen P“, sagt Imran Khan. Das politische Anliegen wurde von den Mainstream-Medien jedoch geflissentlich übersehen, Imran Khans Slogan „Brown is the New Black“ hingegen rege kolportiert. „Ich habe das immer ironisch gemeint, als Witz über die modische Verwertbarkeit von Kultur. Aber die anderen haben das ernst genommen“, amüsiert er sich. Der plötzliche Hype, zu dem 2nd Generation letztlich auch beigetragen hat, bereitet ihm jedoch im Grunde Unbehagen: „Es geht nicht bloß um Mode. Es geht um Respekt.“ Daniel Bax

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